John.Proph.XXIII (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Dienstag, 26.04.2011, 03:12 (vor 4765 Tagen) @ Gerhard (2922 Aufrufe)

Hallo Gerhard,

Insgesamt hast Du nun drei (eventuelle) Modelle für die John.Proph.XXIII
(=PJ) aufgestellt:

(1) sie ist eine theosopische "Veranstaltung",
(2) sie ist eine Heuchelei, Lügnerei und Verfälschung von Carpi,
(3) sie ist eine PR-Aktion von Licio Gelli.

Das ist ein bißchen viel auf einmal, und ich weiß auch nicht, ob es
zwischen diesen Varianten auch noch Querbeziehungen geben soll.


Wenn bei Dir der Eindruck des "bißchen viel auf einmal" entstand, habe ich vermutlich zu unklar oder zu weitschweifig formuliert:

(1) daß die Publikation eine "theosopische Veranstaltung" gewesen wäre, war weder von mir angedacht noch habe ich in diese Richtung argumentiert. Ich hatte lediglich die Vermutung, vor allem wegen Deiner Charakterisierung des Textes, daß es einen Versuch wert wäre, eine Text-Vorlage - sollte es eine geben - in der französischen theosophischen Ecke zu suchen, gerade weil dieser "Zweig der Theosophie verdorrt" ist, wie Du schreibst, deshalb deren Texte eben auch weit weniger bekannt sind als die 'orthodoxe' Theosophie Blavatskys's. Nachdem ich das Buch erneut gelesen habe, ist mein Aha-Effekt, den ich nach Deiner Charakterisierung hatte, allerdings verblasst, und ich vermisse ebenso wie Du

die Verbindung von der Duchesse zur Gegenwart (oder meinetwegen zu den 1970er Jahren)

(2) und (3) sehe ich nicht als entweder-oder, sondern als sowohl-als-auch Variante, aber anders als (1) nicht als Vermutung auf eine mögliche Quelle bezogen, sondern hinsichtlich der Motivation für die Publikation, völlig unabhängig, ob Vermutung (1) richtig oder falsch sein mag.

"Heuchelei, Lügnerei" war auf den Widerspruch zwischen Carpi's Selbstdarstellung im Vorwort und seiner P2-Mitgliedschaft bezogen, weshalb ich die Vermutung einer Verfälschung des ggf. vorhandenen Quelltextes durch ihn, wo er dies für zweckmäßig hielt, nicht für abwegig, sondern für naheliegend halte.
Ich möchte nicht so verstanden werden, als hätte ich "Heuchelei, Lügnerei" auf den Text der John.Proph.XXIII selbst bezogen, und mit dem Quelltext, den ich vermute, hätte meine Kritik auch überhaupt nichts zu tun.

Was ganz
zentral Deiner Vermutung widerspricht, hinter der Proph.John.XXIII stecke
ein Interesse der P2 bzw. ihres Führers Gelli, ist die Tatsache, dass die
Proph.John.XXIII ein vehementer Gegner von Verschwörungen ist.

Wenn dies die Proph.John.XXIII kennzeichnet, dann scheint es mir geradezu absurd, daß deren Text durch die beiden von mir genannten Zitate aus der Vor- und Nachrede eingerahmt wurde, auf die Du aber leider mit keinem Wort eingegangen bist. Oder wie würdest Du den Satz verstehen "Diese Überlieferung ist die Schwester des Christentums, das sie immer in Ehren gehalten hat." >

Warum
sollte Gelli beim Bemühen, den Roncalli-Papst aufzuwerten (so Deine
Vermutung!), gleichzeitig solche Selbstkritik üben?

Weil es sich meines Erachtens nicht wie Du es nennst, um Selbstkritik handelt, sondern um Kritik an 'den' Freimaurer-Logen, mit denen sich Gelli ja, das ist ausführlich belegt, tatsächlich in den Jahren vor und nach der Publikation heftig zerstritten hat. In Bezug auf die Haltung zu Geheimbünden bleibt der Widerspruch zwischen eigentlichem Text und den genannten Zitaten des Vor- und Nachwortes bestehen, s.o.

Könnten wir uns einigen, dass wir uns über Carpi und seine selbst
zusammengesponnenen Geschichten nicht mehr unterhalten?

Ja, die Tonne bleibt zu ;-)

Ich darf, da ich nun zu Deinen drei PJ-Modellen Stellung genommen habe, des
weiteren auf Deine Gedanken zu "den Schritten des ersten Menschen", zu den
"Urnen" (was Du mit "Sakophag", zwei Male, meinst, verstehe ich nicht), zu
den "70 Jahren" und zum "Fall der Mauer" eingehen.

Das liegt an meiner legasthenischen Schreibweise (ich will mich nicht damit 'rausreden, meine Tastatur hätte kein 'r', oder ich wollte einen Buchstaben sparen), gemeint war Sarkophag, also Steinsarg, der laut Presseberichten
(z.B.: http://www.welt.de/kultur/article4019408/Kleine-archaeologische-Sensation-in-Rom.html) geöffnet wurde, und worauf Du das Beispiel einer erfüllten Prophezeiung bezogen hast:
https://schauungen.de/forum/index.php?id=11741

"Die Urnen werden in der Verschwiegenheit unter dem Schatz geöffnet,
und man wird die Schritte des ersten Menschen finden."

Ein Steinsarg enthält die sterblichen Überreste, eine Urne deren Asche nach Verbrennung der sterblichen Überreste, deshalb erscheint mir Deine Interpretation in Bezug zur Untersuchung des mutmasslichen Paulus-Sarkophages angesichts des Wortlauts der Prophezeiung als zu 'großzügig'.

Du versuchst, die bestätigten Voraussagen zu zerreden. Das darf man machen.

Nein, nein, nein: Ich bleibe dabei, daß ich mir kein Urteil über die Qualität des Textes anmaße, ich versuche allerdings kritisch zu sein, das ist hoffentlich nicht unerwünscht, weil der Text nicht in irgendeiner Gruft entdeckt, sondern jemand mit dem Auftrag der Veröffentlichung vorgelegt wurde, von diesem mit einer Vor- und Nachrede sowie einer Interpretation versehen wurde, zu der von Seiten des Überbringers weder eine Distanzierung noch ein Widerruf bekannt ist.

Weil ich einen (seriösen) Quelltext annehme, woraus Proph.John.XXIII hervorging, allerdings Veränderungen oder Ergänzungen vermute und kein 'Werkzeug' besitze, um diese erkennen zu können, bleibt mir nur abzuwarten, ob zukünftig eintreffende Voraussagen für mich den Schluss nahelegen, daß die von mir vermutete Redaktion des Textes doch nicht so sehr ins Gewicht fällt, wie ich derzeit befürchte.

Etwa indem, man sagt, 70 Jahre für den Kommunismus lagen aus diesem und
jenem (traditionell zahlensymbolischen) Grund nahe - also wurde getippt.

Seite 172:
"Newa - Siebenundsiebzig Jahre. Seit dem ersten Blut, das in deinen Wassern gefror, bis zum letzten Blut, dem der Freiheit. Zwei beinahe gleiche Männer, beide tot. Und dann der Triumph des Lebens."

Woraus sich mir drei Fragen ergeben: Sind die Jahreszahlen des Textes ("70 Jahre", "77 Jahre") wörtlich gemeint?
Hätte die SU sieben Jahre länger überlebt, wäre dann der Text von Seite 172 von Dir als Beleg für eine eingetroffene Prophezeiung interpretiert worden? Wenn Deine Interpretation, was den Text mit den 70 Jahren angeht, eine eingetroffene Prophezeiung war, handelt es sich dann bei dem Text auf Seite 172 um eine nicht eingetroffene Prophezeiung?

Und auf die "Schritte des ersten Menschen" kann man ebenfalls mal tippen.

Ja, alle Jahre wieder. Genau so geht die anthropologische Forschung vor, den derzeit ältesten bekannten Fund mit einem noch älteren zu ersetzen.

Du hast, lieber Ulrich, noch die Mariensäule in München erwähnt. Wieso sie
1917 geweiht worden sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis, und ich kann
es jetzt von hier aus nicht recherchieren. Ich dachte, sie stünde dort
schon seit dem Dreissigjährigen Krieg. Bei dem Satz "In der Hälfte die
Statue", zieht es mich selbst gedanklich ins ebenfalls marienfromme Polen,
aber ich hatte noch keine Zeit, dieser Ahnung anhand von Fachliteratur
nachzugehen. Es sollte sich um eine aktive Marienbotschaft oder
-erscheinung oder um ein Marienwunder (an einer Statue?) handeln, wie
Fatima im Westen und wie die "Offenbarungen" der Chlysten in Russland (die
ich aber auch noch nicht präzise identifizieren konnte, weil mir die
entsprechenden Sprachkenntnisse bzw. Kontakte fehlen).

Das auf die Münchner Mariensäule bezogene Text-Fragment 'böser-Osten/Fatima-im-Westen/in-der-Mitte-die-Statue' findet sich in verschiedenen, aber in den genannten Punkten immer ähnlichen Varianten in zahlreichen konservativen katholischen Publikationen der '70er Jahre, und auch jetzt noch im Netz (drei Beispiele habe ich unten (*) angefügt). Daß die Münchner Mariensäule bereits seit dem Dreissigjährigen Krieg steht, ist richtig, das Standbild wurde jedoch wiederholt entfernt und nach der jeweiligen Rückkehr erneut geweiht. Die zitierte Gleichzeitigkeit ist meines Wissens falsch (Sturm auf den Winterpalast am 9. November 1917). Fakt ist, dass diese Behauptung im genannten Zusammenhang verbreitet wurde. Ich hinterfrage, warum ausgerechnet der Kommentator des Textes ("... In der Hälfte die Statue") vorgab, "Die Prophezeiung ist fast völlig unverständlich. ...", nicht ob das zitierte Datum korrekt ist, wann wer wo welche Säule weiht.

Vielleicht erscheint Dir meine Sichtweise zu paranoid: Ein wesentliches Merkmal der Manipulation durch Sprache / Texte sehe ich nicht in der Hammer-Argumentation, die überreden und überzeugen will, sondern in dem Vorgang, daß der Leser sich clever dabei fühlen soll, die beabsichtigten Schlussfolgerungen selbst und vermeintlich unbeeinflusst gezogen zu haben.

In diesem Falle: Der Leser soll durch die Andeutung des Bildes ("... In der Hälfte die Statue"), die der Kommentator 'fast völlig unverständlich' findet, erkennen, daß Johannes XXIII einen wesentlichen und 'die Zukunft entscheidenden' Kern der Marienverehrung als Bild erfasst hat, er sieht sich bestätigt, und das rote Tuch des Freimaurer(-Sympathisanten) verblasst zum rosa Mäntelchen des eingeweihten Rosenkreuzers.

mit herzlichem Gruß
Ulrich

(*)

Auf die Schnelle drei Beispiele aktueller Netz-Varianten:

http://www.oberpfalznetz.de/onetz/2646380-126-P2,1,0.html
"Am Anfang zitierte Dr. Anton Lässer Lenin, der 1917 an der Mariensäule in München gesagt haben soll: "An dieser Säule wird sich die Zukunft Europas entscheiden." An dem Tag, an dem er in Sankt Petersburg den Zarenpalast stürmte, wurde in München die Mariensäule geweiht."
(Hier soll Lenin AN der Mariensäule gesagt haben. Ob Irrtum des Journalisten oder Irrtum von Anton Lässer ist offen.)

http://www.landwirt.com/Forum/94336/Grenzenlos.html
" "An der Münchner Mariensäule entscheiden sich die Schicksale Europas", sagte Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, im Fatima- und Revolutionsjahr 1917, wie die Revolutionszeitschrift "Iskra" im selben Jahr veröffentlichte. Wieso interessierte sich der Atheist, Religionszerstörer und Massenmörder für eine Frau, die es gemäß Bolschewismus gar nicht geben dürfte?
...
Lenin war belesen. Er kannte nicht nur Marx, sondern auch die elementaren christlichen Bücher. Er wußte von den sich
feindlich gegenüberstehenden Heerbannern, sowohl bei Hesekiel wie in der Offenbarung des Johannes. Er wußte darum, daß sich beide in der Mitte zur Entscheidungsschlacht treffen würden. Die beiden Heere stehen einander gegenüber und man trifft sich zur Schlacht in der Mitte, wo die Entscheidung fallen wird. In der Mitte zwischen Fatima und Petrograd liegt München. Die Stadt mit der Mariensäule ist gleichermaßen von diesen beiden Städten entfernt. Warum benennt Lenin nicht auch München, sondern spricht von der dortigen Mariensäule? Ganz einfach, weil von Maria für ihn seit dem 13. Mai 1917 die größte Herausforderung droht."
(namenloser Fori)

http://www.drachensee-madonna.de/mariensaeule.html
"Zur Erinnerung: In der Not des Ersten Weltkrieges wandten sich König Ludwig III. von Bayern und seine Gemahlin an Papst Benedikt XV. und baten ihn, er möge die Gottesmutter zur Patrona Bavariae (Schutzpatronin Bayerns) erklären und die Feier eines eigenen Festes gewähren.
Papst Benedikt XV. entsprach der Bitte mit einem Dekret vom 26. April 1916. Die erste Festfeier, Patrona Bavariae, legte er auf den 14. Mai 1917 fest.
Einen Tag zuvor, am 13. Mai 1917, erschien die Gottesmutter in Fatima den Kindern Lucia, Jacinta und Francesco und trug ihnen auf: "Betet täglich den Rosenkranz, für den Frieden in der Welt und das Ende des Krieges!"
Wenn man die Fatima - Bewegung in Westeuropa und den Kommunismus in Osteuropa als zwei Heerlager sieht, die sich einander gegenüberstehen, so wird es in der Mitte zum Kampf kommen. In der Revolutionszeitschrift "Iskra" schrieb der Gotteshasser Lenin 1917 in Petersburg:
"An der Mariensäule von München werden sich die Schicksale Europas entscheiden." Jedoch, es kam anders: Am 08.12.1991, dem Festtag der Unbefleckten Empfängnis, brach die Sowjetunion auseinander."


Gesamter Strang: