Hallo!
der geplante AfD-Parteitag in Augsburg am 01.07.2018 läßt grüßen.
Sind die folgenden Nostradamusvierzeiler Hinweise auf die kommende
Zeit? Die exakte Nennung einer deutschen Stadt stimmt doch bedenklich.
Was meinen dazu die Experten?
Vorauszuschicken ist, daß man bei Nostradamus davon ausgehen sollte, daß er nicht in Legislaturperioden und Parteitagen denkt, sondern in Jahrhunderten. Entsprechend groß sind seine Themen. Daß er sich mit Parteipolitik bis hin zu einzelnen Parteitagen beschäftigt, ist auszuschließen.
BBouviers und meine Übersetzung lautet wie folgt:
V/12
Aupres du Lac Leman ſera conduite,
Par garſe eſtrange cité voulant trahir:
Auant ſon meurtre à Auſpourg la grand ſuitte
Et ceux du Rhyn la viendront inuahir.
Nahe zum Genfer See1 wird er geführt,
Will durch fremde Göre2 die Stadt verraten.
Vor seiner Ermordung zu Augsburg der große Troß3
Und die vom Rhein werden sie überwältigen.
1 Frz. „lac Léman“ = „Genfer See“.
2 „Garse“ ist die mittelfranzösische Form des heutigen „garce“, ein abwertender Ausdruck, vergleichbar „Weibsstück“, „Luder“, „Schlampe“, „Miststück“.
3 Frz. „suite“ = „Folge“, „Reihe“, „Gefolge“, „Troß“.
Die Bedeutung des Vierzeilers ist unklar. Wir haben ihn – und das ist höchst zweifelhaft – auf den nicht weniger zweifelhaften „russischen Feldzug“ bezogen.
Z. 1: Nicht „sie kommen zusammen“. Dann stünde dort „seront“, nicht „sera“.
Der Genfer See steht bei Nostradamus gelegentlich für Protestanten, da Calvin, auf den sich die Hugenotten beriefen, u. a. in Genf wirkte. Eine andere Möglichkeit wäre der von 1920 bis 1946 in Genf beheimatete Völkerbund. In diesem Zusammenhang verweise ich auf I/47 („Die Ansprachen vom Genfer See verärgern ... Die Räte verwerfen ihre nutzlosen Gesetze.“), welcher diese politisch unwirksame Luftnummer auf den Punkt bringt. V/12 könnte sich also auch auf einen der beiden Komplexe „Protestantismus“ oder „Zweiter Weltkrieg“ beziehen, wobei eine Konkrete Deutung in dieser Richtung noch fehlt.
Zeile 1 heißt bei uns: Der russische Vorstoß nach Europa (bzw. „er“, der russische Führer) wird bis kurz vor die Schweizer Grenze geführt, aber nicht bis in die Schweiz hinein.
Z. 2: „Damen“ oder vergleichbare Begriffe sind bei Nostradamus oft Republiken, die durch ihren ideologisch-religiösen, sozial-liberalen und konsensorientierten Habitus der weiblichen Seite des Lebens zuzuordnen sind im Gegensatz zu den kriegerischen, ein Pathos der Distanz pflegenden, kulturell schöpferischen und formenden, elitären Monarchien. Nostradamus wählt hier mit „Schlampe“ oder „Miststück“ die denkbar schändlichste Bezeichnung. Unsere Vermutung ist, daßnicht etwa Angela Merkel, sondern eine Art fünfte Kolonne („fremde Göre“) gemeint ist, die im Vorfelde des Vorstoßes die westlichen Republiken von innen destabilisiert, womöglich alte DDR-Seilschaften oder ähnliches. (DeGard würde das gefallen. )
Es ließe sich womöglich aber auch auf den Völkerbund als Vorläufer des Oberdeckslochs UN deuten, in dem die modernen Ideologien auf die Spitze getrieben werden.
Z. 3: Ein Troß ist traditionell das Gefolge eines militärischen Verbandes. Gemeint ist hier wohl, daß eine Heeresgruppe bei Augsburg zugrundegeht. Diese Zeile, die sich mit Schauungen zu Panzern auf dem Lechfeld oder nahe Augsburgs deckt, und die folgende haben uns bewogen, den Vierzeiler auf russische Militäraktionen in Deutschland zu beziehen (um das unsägliche Wort „Überraschungsangriff“ zu vermeiden).
Z. 4: „Die vom Rhein“ sind westliche Verbände, die sich dort gesammelt haben, siehe z. B. Antonius von Aachen, der ein solches Geschehen bis zur berühmten Endschlacht in Westfalen schildert.
Der Vierzeiler könnte mit III/53 zusammenhängen, der ebenfalls Augsburg nennt. Dort stoßen „sie“ (die Angreifer aus dem Osten) durch Flandern bis nach Frankreich. Zugleich wird durch das „agrippinische Haupt“ (europäischer Feldherr in Köln) im Zusammenschlusse jener von Nürnberg, Augsburg (Reichsstädte!) und jener von Basel (wieder die Schweizer!) „Frankfurt“ (Krönungsstadt der römisch-deutschen Kaiser!) wiederaufgegriffen. ⇒ Der „große Monarch“, der die Kaisertradition fortsetzt.
Man kann und sollte sich durchaus fragen:
- ob der russische Feldzug und der große Monarch überhaupt ein reales Geschehen sind oder nicht vielmehr ein Mythos, der sich aus Vorstellungen der Endzeitprophetie ableitet, welche sich in der Neuzeit zu konkretem militärisch-politischem Geschehen verdichtet haben.
- ob es sachlich gerechtfertigt, logisch und sinnvoll ist, die Inhalte späterer Prophezeiungen in Nostradamus hineinzulesen.
- ob die Vorstellung eines Feldzuges aus dem Osten zur Mitte des 16. Jahrhunderts überhaupt schon so klar herausgebildet war, daß Nostradamus sie hätte aufgreifen können.
Im Grunde geht es um die Frage, ob solche Verse ein künftiges reales Geschehen beschreiben oder aus Wissen, Vorstellungen und literarischen Vorlagen des Jahres 1557 abgeleitet werden können.
Wir haben hier, ohne unsere eigenen Überlegungen allzu sehr in den Vordergrund zu stellen, eine Deutung herangezogen, die mehr der gängigen Prophezeiungsliteratur entspricht, ohne ein reales Geschehen auszuschließen, solange keine schlüssige Alternativdeutung möglich ist.
V/13
Par grand fureur le Roy Romain Belgique
Vexer vouldra par phalange barbare:
Fureur grinſſeant chaſſera gent Lybique
Deſpuis Pannons iuſques Hercules la hare.
Mit großer Wut der belgische römische König
Will peinigen1 durch barbarische Phalanx2.
(Vor) Wut knirschend3 jagt er lybisches Volk
Seit Pannoniern bis Herkules der Stall4.
1 Lat „vexare“ = „erschüttern“, „hart mitnehmen“, „heimsuchen“, „quälen“.
2 Altgr. „φάλαγξ“ („phálanx“) = „Walze“, „Rolle“, „Schlachtreihe“.
3 Frz. „grincer“/„crisser“ = „knarren“, „knirschen“, „kreischen“.
4 Lat. „hara“ = „Stall“.
Der Vierzeiler hat unseres Erachtens nicht direkt mit seinem Vorgänger zu tun.
Z. 1: Ein „römisch-belgischer König“ im Gegensatz zum früheren römisch-deutschen Kaiser. Nostradamus meint mit Belgien nicht das erst seit 1830 existierende Belgien, sondern die römische Provinz Gallia Belgica, die im Wesentlichen aus dem heutigen Nordwestfrankreich bestand. Hier geht es folglich um einen römisch-katholischen König im Grenzbereich zwischen Deutschland und Frankreich, der zugleich das Kernland des Frankrenreiches ist.
Z. 2: Die Schlachtreihe der Barbaren besteht logischerweise aus Nichteuropäern, die pauschal Barbaren sind.
„Par“, hier von uns womöglich nicht ganz korrekt mit „durch“ übersetzt, ist ein Wieselwort, das im Mittelfranzösischen noch bliebiger eingesetzt wurde als heute. „Par trop“ heißt heute z. B. „allzu sehr“, „par“ als Verstärkung nutzend. Somit könnte hier eine allzu, überaus oder durchaus barbarische Phalanx gemeint sein. Es könnte auch sein, daß gemeint ist, der Monarch wolle jene peinigen, die durch ihre Schlachtordnung/durch ihr kriegerisches Vorgehen barbarisch sind. Der erste Eindruck, er würde selbst durch barbarische Mittel andere quälen, ist womöglich vorschnell. Nostradamus neigt durchaus zur Vergewaltigung der französischen Grammatik, um Bedeutungen zu verschleiern.
Z. 3: Wir erhalten Aufschluß über die Herkunft der Barbaren: Lybien, das früher den gesamten Norden Afrikas bezeichnete. Es handelt sich also um eine nordafrikanisch-mohammedanische Invasion Europas, die von einem christlichen Herrscher zurückgeschlagen wird.
Z. 4: Der Monarch mistet den Augiasstall aus und vollführt damit eine herkuläische Aufgabe, deren Lösung als unmöglich erachtet wurde. Im Übrigen ist die Zeile nicht lokal, sondern temporal zu verstehen. „Pannonier“ (also „die Ungarn“) bezeichnet ein vorangegangenes, anfängliches Ereignis, bei dem ähnlich der Niederschlagung der Ungarneinfälle dem Eindringen der plündernden Barbaren ein Ende gesetzt wird. Sie werden vernichtend geschlagen und der ganze Mist anschließend aus Europa hinausgeschafft.
Den Vierzeiler ordnen wir dem Großkomplex „Chyren“ und der mohammedanischen Invasion Europas zu. Ergänzende Vierzeiler dazu habe ich hier aufgelistet.
Sofern man dem russischen Geschehen und dem großen Monarchen Realität zubilligt, könnte der römisch-belgische Monarch/Chyren durchaus mit dem Sieger am Rhein identisch sein. Nach der Machtergreifung wäre es seine nächste Aufgabe, den Mohammedanismus und seine Anhänger aus dem Abendland zu vertreiben.
Zu den genannten Übersetzungen:
Helmut Werner kann man wohl vergessen. Er hat versucht, Nostradamus nachzudichten. Das kann man bei sonstiger Poesie machen. Im Falle Nostradamus', da man jedes Wort auf die Goldwaage legen muß, geht es zu Lasten der Qualität. Schon aus „Miststück“ eine „Maid“ zu machen ist ein grober Fehler, der die ins Negative zielende Bedeutung des Verses vernichtet.
Die Übersetzung auf Nostradamus-Prophezeiungen.de stammt von Ray Nolan, der offensichtlich versagt hat.
Aus einer Form des Verbes „conduire“ macht er das Substantiv „conduite“, weil er die Grammatik nicht beherrscht. Das „e“ ist in der Tat stumm und stellt nur den optischen Reim auf „suitte“ her. Auf seltene Wörter wie "garce“ kommt er natürlich nicht. Möglicherweise hat er es dann einfach als „golfe“ („Golf“) verlesen. Das steht pars pro toto für seine restlichen Übersetzungen.
Putzien scheint hingegen recht solide Arbeit abgeliefert haben (von Fehlern wie V/12, Z. 1 abgesehen). Ihn hatten wir auch bei unseren Übersetzungen gelegentlich herangezogen.
Gruß
Taurec
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„Es lebe unser heiliges Deutschland!“
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„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“