Antichrist-Urbild oder Märchen (Schauungen & Prophezeiungen)

Theodor, Freitag, 28.11.2008, 16:10 (vor 5923 Tagen) @ BBouvier (3675 Aufrufe)

Hallo BBouvier,

meine ergänzenden Ausführungen stellen in diesem Sinne keine Antwort auf Deine Texte dar, noch sind sie speziell auf Dich bezogen, doch möchte ich sie für jeden Interessierten ganz lose an diesen bestehenden Faden anknüpfen,...

G.C. Jenks schreibt vom Antichrist-Mythos, Bousset von der Antichrist-Sage und andere von dem Antichrist-Märchen. Nur das einfache Volk schenkt solchen Mären noch Glauben, sagt die Vernunft. Doch aus dem mythologischen Weltenei kroch die sagenhafte Raupe, welche nur noch als Schmetterling auf den märchenhaften Blumenwiesen unserer Kinder umhertanzt. Der urbildhafte Mythos bildete in seiner Verweltlichung die Sage und wurde zum kindlichen Abbild im Märchen. Diese vielschichtige Symbolwelt entzog sich damit endgültig dem Verstand, welcher vergeblich nach eindeutig-logisch strukturierten Zeichen im Mythos suchte, die er deuten und interpretieren kann. Das Schwert des Verstandes zerschneidet dabei die numinose Totalität dieser Urbilder, welche nur in ihrer Ganzheit imaginiert werden könnten und tötet hierdurch die lebendige Wahrheit auf dem Seziertisch des Analytischen, und das nur, damit die Vernunft ihr Recht behält. Das Unbelebte wird so zum Ausgangspunkt einer Vorstellung über das Lebendige, welche sich in Raum und Zeit regelmäßig als falsch erweist. Sei es nun die „Auftragsarbeit“ eines Adso oder die lutheranisch-antiklerikalen Reflexe, u.s.w.... „Zu allen Zeiten hat es sich so verhalten, dass die Gebäude der Fiktionen, die man auf einem wahren Grund errichtete, die Leute davon abhielt, an die Tatsachen zu glauben, die sich früher ereignet haben oder die selbst heute noch geschehen;“ schrieb schon Pausanias.

Dieser Logos des irdischen Standes, also der verständige Logos, der sich oft als synonym zur Mythe versteht, vergewaltigt diese hierdurch richtiggehend, denn er will schnell in alle Mysterien eindringen. Die Frucht dieser unseligen Vereinigung ist bestenfalls die Sophia. Doch da der Erkenntniseros auch diese zu Fall bringt, gebiert sie ihm sein Enthymem. Die Enthymesis möchte hernach die lebendige Mythe verschlingen um sich an ihrer Statt zu erheben. Nur ein Ritter reinen Herzens, der ist wie Gott, kann zum Retter der „Selbstoffenbarung des Seins“ (W.F. Otto) werden und durch seine Minne dieses holde Weib erlösen und damit auch sich selbst. Für ihn lüftet sie dann freiwillig ihren Schleier zu Sais, der das Urbild der nackten Wahrheit und unserer Zukunft verdeckt.
"Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld, Sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein." (Fr. v. Schiller)

Mit freundlichen Grüssen:

Vom Theodor


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