Die 'Zeit' in 'Schauungen' (Schauungen & Prophezeiungen)

Sagitta, Sonntag, 05.03.2017, 20:49 (vor 2830 Tagen) @ Steffomio (7895 Aufrufe)

Mein Vater wurde im Alter von 82 Jahren krank. Das Krankheitsbild war schwierig und hätte ein langes Leiden bedeuten können. Ich habe mir damals den Kopf zerbrochen und die Frage gestellt, wie es wohl werden und wie lange es sich hinziehen würde.

Schauungen können, wie alles in der Welt, durch eine Intention generiert werden (in der Begrifflichkeit von DJM/CC 'beabsichtigen'). Eine Frage, wirklich ernst und aufrichtig gestellt, kann eine Intention sein. Ich bekam also folgenden Traum, ohne zunächst zu wissen, dass er die Antwort war.

Ich gehe durch lange und hohe Räume, an denen viele Bilder hängen. Um das Gebäude läuft eine Mauer, über die ich hinübersteige. Drüben sehe ich meinen Vater in einem Stuhl sitzen. Er ist krank, ich gehe auf ihn zu. Es ist ein Gefühl damit verbunden, das ich hier in der Kürze und der Privatheit wegen nicht beschreiben kann.

Dieser Traum war sehr fremdartig. Es war mir klar, dass es eine 'Schauung' sein müßte. Aber die Sache mit den Bildern an den Wänden war absolut unverständlich. Und genausowenig dieses merkwürdige und intensive Gefühl. Irgendwann vergisst man dann so einen Traum wieder, weil man nichts mit ihm anfangen kann.

Etwa zwei Jahre später starb mein Vater mit 84 Jahren - und außerdem gar nicht an der erwähnten Krankheit, die sich zudem keineswegs so schlimm erwies, wie ursprünglich befürchtet. Vielmehr ist er an einem Herzversagen verstorben, ganz plötzlich und für ihn besser so. Ich kam hinzu, als er seine letzten Atemzüge nahm.

In diesen Tagen besuchte ich einen VHS-Kurs über Porträtmalerei, den ich allerdings weniger aus Kunstinteresse gebucht hatte, vielmehr weil mich damals die philosophische Frage beschäftigte, was 'das Individuelle an sich' sei und wie man es fassen sowie abbilden könne. Dieser Kurs fand einmal die Woche am Donnerstag statt, und er war mit einem regelmäßigen Besuch im hiesigen Kunstmuseum verbunden (in das ich normalerweise nie gehe). Der Kurs also war donnerstags, freitags starb mein Vater, am darauffolgenden Mittwoch war die Beerdigung, am Donnerstag war ich wieder im Kurs.

Erst mehrere Wochen später, nachdem der Kurs schon vorbei war - und auch nur zufällig während eines Gesprächs -, fiel mir dann plötzlich bzw. endlich der Traum wieder ein. Und nun erkannte ich die Ursache für die Bilder an der Wand sowie den Zusammenhang mit dem Tod meines Vater, und zwar wegen der im Traum erfahrenen Emotion, die zum Zeitpunkt des Traumes mir so wenig nachvollziehbar war wie die merkwürdigen Gemäldereihungen. Nun aber hatten sich beide bestätigt, einschließlich ihrer zeitlichen Korrelation bzw. Parallelität.

Ich hatte - mit Bezug auf meine damalige Frage - durch den Traum also eine sehr genaue Datierung für den Tod meines Vaters bekommen. Aber ich habe die Antwort nicht verstanden, hätte sie auch niemals verstehen können, weil ich bis zum Zeitpunkt des Traumes mit Gemälden nichts zu tun hatte. Auch später, beim Besuch des VHS-Kurses wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, einen Bezug zum Tod meines Vaters zu sehen - denn zu der Zeit bestand keine entsprechende Befürchtung und ich hatte den Traum überdies längst 'vergessen'. Selbst als es dann passiert war, ist mir zunächst nichts aufgefallen.

Ich will mit diesem Beispiel sagen, dass Datierungen künftiger Ereignisse mit Hilfe von Schauungen durchaus möglich sind, und zwar sehr genaue Zeitbestimmungen. Aber es sind relationale Datierungen, auf keinen Fall numerische Zeitangaben (obwohl ich auch die für denkbar halte, etwa durch in der Schau gesehene, 'herumliegende Zeitungen' oder 'gehörte' Radioansagen etc.).

Ich darf hinzufügen, dass ich inzwischen einen riesen Respekt vor den Fähigkeiten der Schauungsseele habe - insbesonders vor ihrer (freundlichen und großzügigen) Bereitschaft, auf die vom (überwiegend nichtsnutzigen) Verstand und von der (meist wirren) Emotion gestellten Fragen einzugehen und nach Antworten zu suchen, genauer gesagt Antworten zu geben (die Schauungsseele muss nicht wirklich suchen, sie weiß es schon). In meinem Falle musste sie ja zwei Ereignisse der Zukunft derart radarmäßig heraussuchen, genauer gesagt auswählen (den VHS-Kurs und die Emotion beim Sterben eines Angehörigen): beide mußten zeitlich miteinander verbunden und zugleich so auffällig sein, dass dasjenige Ereignis, das die Zeitmarkierung trug (mehrfacher Besuch einer Gemäldegalerie), als Vorlauf für das Hauptereignis (Vater und Emotion) dienen konnte. Die Seele also arbeitet perfekt und liefert die nötigen Bilder, aber der Verstand ist dumm. Das ist keine gute Kooperation. In Bezug auf die wahre und richtige Erkenntnis der Wirklichkeit ist die Schauungsseele der Vernunft haushoch überlegen. Das betrifft die äußeren Wirklichkeiten, aber auch die innere Wirklichkeit in unserem eigenen Seelenhaushalt.

Zeit spielt bei Ereignissen eine ganz eigentümliche Rolle.

Gruß
steffomio

Dann versuche doch mal, die eigentümliche Rolle der Zeit zu beschreiben!

Rein philosophisch gesehen soll die Zeit Vielfalt an Individuellem ermöglichen. Wenn es nur den Raum gäbe, so könnte man darin schon eine ganze Menge an Individuellem unterbringen. Da nun innerhalb dieses Raumes 'zeitliche' Veränderungen möglich sind (in der Regel 'Bewegungen' im Raum ...), wird die Vielfalt des Seins (Mannigfaltigkeitsmächtigkeit ...) dramatisch erhöht. Raum und Zeit sind mithin Gefäße, um individuelle Vielfalt unterzubringen bzw. darzustellen. Dies geschieht nach Regeln, die auf verschiedene Weise durchaus erkennbar sind.

Gruss, Sagitta


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