"Faustisch" sein heißt mehr, als nur hinterfragen. Es ist der Drang ins Unendliche, hinter den eigenen Horizont
Was ja mal per se nicht schlecht ist. Was ist schlecht an Hinterfragen?
der sich schließlich mit einer Auflehnung gegen Gott paart, dessen Platz man einnehmen zu können meint
Was wiederum postuliert, dass man eine höhere Macht hinter allem sieht. Ist zwar insbesondere im Abendland (und den damit verbundenen monotheistischen Religionen) nicht weit hergeholt, steht aber einer durch (vielleicht oder vielleicht auch nicht fiktive) höhere Wesen bedingte Gedankenentfaltung dennoch im Wege.
Dieser Impuls hat zur Entwicklung der faustischen Technik geführt, der per se etwas Luziferisches innewohnt.
Wie ist deine Definition von "luziferisch"? Grundweg böse, oder doch lichtbringerisch, wie die genaue Übersetzung lautet?
Selbst wenn sie der faustischen Technik grundlegende Bösartigkeit unterstellt, muss ich diesem doch vehement widersprechen.
Zwar hatten alle Hochkulturen eine Phase der Technik, weil in den Städten
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dort hohe Geister treffen, ist halt nun mal höher als auf irgendeinem Kuhdorf. Deshalb ist München z.B. auch Eggenfelden intellektuell nach wie vor überlegen.
die am Ende alle Entwicklung des Kulturkreises dominieren, der Rationalismus, der planende und organisierende Geist überwiegen. Diese Technik blieb jedoch stets in einem gewissen Rahmen des naheliegenden Praktischen.
Ist ja auch klar. Die Innovation kommt aus den Städten, das Land transformiert sie und wendet sie praktisch an. Ein Synergismus, der nicht einseitig adoptiert werden kann.
Keine der anderen Hochkulturen wäre auf den Gedanken gekommen, eine Naturwissenschaft zu begründen, die zunächst für eine beträchtliche Zeit zum reinen Selbstzwecke methodisch ausgefeilt die Naturgesetze erforscht, ohne daß damit unmittelbar eine praktische Anwendung verbunden gewesen wäre.
Nein, allerdings besteht bis in die Moderne hin ein Selbsterhaltungstrieb - den man den Menschen auch nicht austreiben kann, denn sonst wären sie keine Menschen mehr. Platon, Sokrates etc. haben den Grundstein einer Philosophie gelegt, auf dem Europa, die Aufklärung und das komplette Abendland bauen. Deren Kultur ist zwar längst untergegangen, aber die Ideen hingegen leben in der Transformation der Antike fort. Ich bin mir relativ sicher, dass Philosophen in anderen Teilen der Welt zu ähnlichen Schlüssen wie die alten Griechen gekommen sind, aber da deren Zivilisationen unterjocht und zerstört und vor allem ihre Gedanken nicht aufgezeichnet wurden und/oder aus politischen Gründen gelöscht worden sind, aktuell nur (zumindest bei uns im Westen) die Gedanken der abendländischen Antike nach wie vor blühen und von den Philosophen der Aufklärung weiterentwickelt worden sind. Oder auch nicht, wer weiß was für Gedanken die Menschen in Nubien hatten, würde mich auf jeden Fall wundern wenn sie absolute Trottel gewesen wären. Der Selbsterhaltungstrieb, der allen Menschen gleich innewohnt, bahnt meiner Meinung nach alle Menschen auf ein gemeinsames Ziel: Überleben.
Als im 19. Jahrhundert durch die Übermacht des Stadtwesens mit der Geschäftstüchtigkeit des Bürgertums praktische Notwendigkeiten entstanden, lagen die naturwissenschaftlichen Grundlagen nach einer langen Wissenschaftstradition, die bis zu den Klöstern des Mittelalters zurückreicht
Noch viel länger, sogar Diogenes wusste mehr.
, bereits vor und die faustische Technik erhielt einen gewaltigen Schub. Schließlich rückte die technische Entwicklung als rationale Begründung selbst in den Mittelpunkt des Prozesses.
Auch mit recht, das wissenschaftliche Prinzipt gilt heute noch.
Entwickelt wurde nun, um weitere Lebenserleichterungen, Wohlstand und Vorteile im Kampfe der Großmächte zu erlangen, wofür immer weitere und vielfältigere Rohstofflager erschlossen werden mußten, was wiederum die Entwicklung spezieller Technologien erforderte.
Dieses Kapitel schließen wir gerade ab. Wir sehen gerade ein, dass die Rohstofflager endlich sind (oder zumindest nicht leicht zugänglich). Um unseren Lebensstandard zu halten, müssen wir Kompromisse eingehen. Ein Krieg hätte in der aktuellen Pandemie keinem genützt.
Die faustische Technik wurde zum Selbstläufer, der Machbarkeitswahn durch in der Menschheitsgeschichte nie gekannte Erfolge ins Unermeßliche gesteigert. Sie bekam dabei den Charakter einer realtranszendenten, also aus dem Jenseitigen ins Diesseits übertragenen, innerweltlichen Erlösungsversprechung.
Ist das nicht die Triebfeder der Menschheit seit... Menschengedenken?
Der faustische Mensch hat also beschlossen, sich mittels seines Forschergeistes und ohne Gott selbst zu erlösen, selbst sein eigener Gott und Herr über die Natur zu werden.
Die Grenzen zwischen dem, was der Mensch schafft und dem, was die Natur vorzugeben scheint, werden tagtäglich nach hinten verschoben.
Das ist der Kern des faustischen Paktes mit dem Teufel, der durch uns versucht, seine Auflehnung gegen Gott umzusetzen.
Das impliziert, dass jeder an diese Dualität Gut-Böse glaubt. Das Leben besteht in erster Linie aus Grauzonen, welche diese Sichtweise jedoch kategorisch ausblendet und/oder sogar komplett verneint.
Diese innere Verfassung unser Zivilisation und der vorangegangenen Kultur ist anderen Kultur- bzw. Zivilisationskreisen völlig fremd
Aber nicht der unseren. Auch die Kirche hat sich kritisch mit "Heiden" wie Thomas von Aquin befasst, die schlussendlich dann doch heilig gesprochen wurden. Oder alten Griechen wie Platon oder Sokrates, die (naturgemäß) nie getauft werden konnten, aber die europäische Philosophie damals dominierten wie keine anderen und mit denen sich die Kirche damals zwangsweise auseinandersetzen musste. Was auch beweist, dass sich die Kirche wandeln kann, wenn auch in glazialem Ausmaß ich erwarte die volle Ordination der Frau frühestens im 22. Jahrhundert.
, auch wenn sie an der Oberfläche das selbe zu tun scheinen, wenn sie eine veritable Konkurrenz für die westliche Vorherschafft darzustellen sich anschicken.
Dazu kenne ich zu wenig nicht-europäische bzw. -beeinflusste Philosophen. Wäre interessant, die Weltgeschichte mal aus einem nichteuropäischem, -islamischem oder -ostasiatischem Standpunkt zu sehen.
Allerdings ist dies ihrerseits nur eine von außen an sie herangetragene Notwendigkeit. Sie sind gezwungen, sich selbst aufzugeben und unseren Wegen zu folgen, um bestehen zu können, wodurch der teuflische, korrumpierende Charakter des Faustischen abermals zur Geltung kommt.
Inwiefern? Ist es lästerlich, über den eigenen Tellerrand blicken zu wollen?
Ich gewähre ihnen gern Einblick über meinen, aber ich gebe zu, dass ich doch sehr wenig über deren Sichtweise weiß.
Dadurch werden sie in den Selbstläuferprozeß der faustischen Technik ebenfalls hineingerissen und können nicht austreten, ohne zugrundezugehen. Gewissermaßen ist für die nichteuropäischen Völker die Entwicklung eigener Hochtechnologie ihre Methode, sich gegen die diesseitige, weltbeherrschende Gottheit zu erheben, zu der sich der faustische Mensch gewandelt hat.
Das ist die Crux an der Wissenschaft - entweder es gibt sie oder es gibt sie nicht. Du kannst keine afrikanische Variante der Relativitätstheorie entwickeln, eben weil es nur eine gibt. Der Wissenschaft sind Rassen und Kleinkriege herzlich wurscht.
Sobald dieser falsche Gott beseitigt ist
Ich gestehe, ich bin ausgestiegen - welcher falsche Gott?
besteht keine Notwendigkeit für eine technische Weiterentwicklung
Die besteht immer. In welchem Szenario denn nicht?
die nie inneres Bedürfnis, sondern immer nur Reaktion war.
Das grundlegendste Bedürfnis der Menschheit ist das Überleben. Dabei ist es auch egal, welcher Rasse das letzte Kind angehört, das ist Kleingeisterei.
Reaktion hat uns bis dato überleben lassen. Eine Anpassung an veränderte Verhältnisse war das Ticket für das Überleben unserer Rasse. Es gibt eine Theorie, nach der wir Menschen nur deshalb überlebt haben, weil ein paar Handvoll unserer Rasse so hartnäckig waren: https://en.wikipedia.org/wiki/Toba_catastrophe_theory
(tl;dr wir wären um ein Haar verreckt)
Die Folge wäre entweder Stagnation und Rückschritt oder – sollte der Sieg über die faustische Zivilisation mit Kollaps und Massensterben verbunden sein – das Unterlassen, den verlorenen technischen Stand wiederzuerlangen
Das auf alle Fälle. Wenn das aber der Fall gewesen wäre, würden wir nicht miteinander über den Äther schreiben. Wir befinden uns aber aktuell in der einmaligen Situation, gewonnenes Wissen - was wir in einem bis dato nie gekannten Ausmaß in atemberaubender Geschwindigkeit sammeln - unendlich zu kopieren und an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Was auch immer Kollegen wie Ray Kurzweil schon vor Jahrzehnten über die Singularität schwadroniert haben, meine Meinung ist, dass wir sie schon längst passiert haben.