Hallo!
Das wirkt im Grunde "biblisch" konstruiert wie z. B. Daniels Deutung von "mene mene tekel" oder Jesu Wunder (etwa die Heilung des Blindgeborenen), wo Ereignisse nur deswegen stattfinden, um einen Punkt zu machen und die Fähigkeit des Hauptdarstellers der Geschichte (hier des seherischen Franzosen) zu untermauern.
Und hier haben wir das selbe Strickmuster bei Irlmaier. In den Traunsteiner Nachrichten vom 27. September 1949 lesen wir:
"Sein [Irlmaiers] Ruhm wuchs unter den Bauern und besonders in der Nachkriegszeit belagerten oft über hundert Menschen das armselige Häuschen in der Reichenhaller Straße in Freilassing. In Scharen kamen die Leute und übenachteten auf dem kleinen Bahnhof. Vergebens suchten die Behörden den Zustrom einzudämmen. Bis der Pfarrer Anklage wegen Hellseherei erhob. 'Dir wird man bald die Schuh vor die Tür stellen!' sagte Irlmaier zu ihm. Vier Wochen nach dem Prozeß starb der Pfarrer.'"
Da wird also die Sehergabe in Zweifel gezogen. Gleichsam als Strafe dafür wie als Widerlegung des Vorwurfs prophezeit der Seher selbst dem Ungläubigen den Tod, der auch prompt eintritt.
Wir können davon ausgehen, daß diese obige Aussage Irlmaiers tatsächlich nie stattgefunden hat (selbst wenn sich nachweisen ließe, daß der Pfarrer zeitnah gestorben wäre). Sie ist ihm ebenso als Konstruktionelement einer entstehenden Seherlegende angedichtet worden wie dem Feldpostbrieffranzosen.
Gruß
Taurec
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„Es lebe unser heiliges Deutschland!“
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„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“