Max Kemmerich (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Freitag, 09.06.2023, 13:52 (vor 531 Tagen) @ mariasand (840 Aufrufe)

Hallo MariaSand,

aus Deinen Beiträgen entnehme ich, dass Du in vielen Deiner Schlussfolgerungen ähnlich zu ticken scheinst wie Strindberg: Aus Abbildungen der Realität "Gesetzmäßigkeiten" abzuleiten, und dann ungeachtet der Mängel der jeweiligen Abbildungsmethode Schlüsse über die Realität zu ziehen, das funktioniert nicht. Strindberg hat z.B. Fotos des Nachthimmels gemacht, um dann aus den sichbaren Artefakten des belichteten Trägermaterials zu schlussfolgern, dass es dafür reale astronomische Strukturen geben müsse, die wir nur eben nicht wahrnehmen könnten.

Angelika Gundlach hat dazu eine umfangreiche Sammlung der abstrusesten Sumpfblüten Strindbergs, auch aus dem Bereich Naturwissenschaft, zusammengetragen, und unter dem Titel "Der andere Strindberg. Materialien zu Malerei, Photographie und Theaterpraxis." herausgegeben.

Was Dein Unverständnis zu Birkenbihls nun wirklich sehr anschaulichen Darstellung angeht: Das Prinzip der Verzerrung der Wahrnehmung, dadurch dass das Erleben von Vorgängen von der "subjektiven" Zeit, der Lebenszeit des Wahrnehmenden abhängt, hat seine Entsprechung auch in anderer Hinsicht.
Was den dreidimensionalen Raum angeht, verraten sich die schlichtesten Gemüter durch Redewendungen, auch komplexe Sachverhalte reduktionistisch "auf den Punkt" bringen zu wollen. Als Fortschritt gilt dann schon, wenn einer versucht, den "roten Faden" zu finden, und stolz auf seine "Geradlinigkeit" ist. Als kaum zu übertreffen hält mancher, wenn er die "gesamte Bandbreite" in Betracht zieht, usw.
Die "Dimension" der Zeit unterliegt einem analogen Prinzip, was die Wahrnehmung angeht: Je kleiner der zeitliche Ausschnitt eines tatsächlich zyklischen Geschehens ist, den man, bedingt durch die "subjektive" Zeit wahrnehmen kann, umso mehr erscheint er als zeitlich "eindimensionales", als lineares Geschehen.

Sie sagen alles wie es ist, nur bringen sie alles durcheinander.

schlimm genug, wenn das für Deine Träume gilt, aber versuch doch bitte, dieses Prinzip aus Deinen Beiträgen rauszuhalten.

Max Kemmerich, zu dem Du fragtest, "was ich vom Autor halten soll", als ob Dir das Andere sagen könnten, hat sich außer durch diverse Plagiate auch durch seine deterministische Geschichtsauffassung in die Tonne katapultiert. Immerhin hat er sich aber zu der Idee zyklischen historischen Geschehens durchgerungen.

Kemmerich veröffentlichte "Das Kausalgesetz der Weltgeschichte" 1913, Spengler den ersten Band des "Untergang des Abendlandes" 1918, weshalb Kemmerich darauf hinwies, dass sein "Kausalgesetz der Weltgeschichte" "...um 5 Jahre älter..." sei.

Verschwiegen hat er, dass weder er noch Spengler die Kuckucksuhr erfunden haben, die Idee einer zyklischen Geschichte wurde, abgesehen von antiken Vorläufern, bereits 100 Jahre zuvor zur Diskussion gestellt, geriet aber wieder in Vergessenheit: Hans-Joachim Schoeps: "Vorläufer Spenglers: Studien zum Geschichtspessimismus im 19. Jahrhundert"
https://books.google.de/books?id=hSIVAAAAIAAJ

Mit seinen Prognosen, die er in "Die Berechnung der Geschichte und Deutschlands Zukunft" ( https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11167206?page=3 ) veröffentlichte, hat er inzwischen hinlänglich bewiesen, dass sein "Kausalgesetz" prognostisch nicht funktioniert.

Leider hat er es versäumt, sein 1912 erschienes Buch "Aus der Geschichte der menschlichen Dummheit" um ein entsprechendes Kapitel zu erweitern.

Gruß
Ulrich


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