Verpasster Flieger
Vorschau 1
Eines Nachts erlebte ich mitten aus dem Schlaf heraus, wie ich hektisch irgendwohin wollte. Ich bin zwischenzeitlich gerannt und war wohl länger unterwegs. Es war alles recht traumartig und neblig. Zwischenzeitlich stand ich an einem Schalter, wie am Bahnhof, und redete auf eine Frau ein, die mir sagte, ich hätte es wohl verpasst.
Realität 1
Ich meinte, es ginge um einen Flug. Es jedoch war kein Flug gebucht und nicht absehbar, dass ich überhaupt demnächst fliegen würde. Trotzdem habe ich wegen der Art des Traums vermutet, dass es ein Zukunftserleben (von mir oder wem anders) war.
Vorschau 2
Wochen später war ich wieder aus dem Schlaf heraus plötzlich in dem Geschehen. Diesmal viel detaillierter. Ich war erst mit dem Zug unterwegs. Ich wollte zum Flughafen. Wieder war ich an einem Schalter und redete mit einer Frau. Das Gespräch war viel deutlicher und ich hatte nicht nur den ungefähren Inhalt verschwommen wahrgenommen, sondern es viel deutlicher in Worten gehört. Mir wurde gesagt, dass es wohl zu spät sei, ich es aber versuchen könne. Also eilte ich los, lief ein ganzes Stück, und aus dem Gebäude heraus. Auf dem Weg schaute ich auf Anzeigetafeln, die mir zeigten, wo ich hinmusste, und war sehr unzufrieden. Ich stand nun auf einer freien Fläche zwischen zwei Gebäuden des Flughafens. Als ich heraustrat, sah ich direkt über mir ein Flugzeug abheben, von dem ich wusste, dass es meines war.
Realität 2
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich mit einigen Bekannten in Wien verabredet. Wir wollten uns da für einige gemeinsame Tage treffen. Hin- und Rückflug waren gebucht. Da ich wegen meines Traumes alarmiert war, erzählte ich den anderen im Vorab davon. Denn wenn ich tatsächlich den Flug dorthin verpasse, hätte ich immerhin die Bestätigung, dass ich es so schon gesehen habe. Ich bin extra ein wenig eher losgefahren, habe den Flieger betreten können. Alles lief gut und wir verlebten ein paar nette Tage.
Weil ich nicht ausschließen konnte, dass es sich im Erleben nicht auch um den Rückflug handelt, erinnerte ich wieder alle Anwesenden an den Traum. Sie sollten ein bisschen auf mich acht geben und mit aufpassen, dass ich rechtzeitig aufstehe und losfahre. Zusätzlich habe ich mir einen Wecker gestellt, der noch früher klingeln würde. Ich wollte einen Sicherheitspuffer, wie auf dem Hinweg.
Am nächsten Morgen habe ich beinahe verschlafen. Den Sicherheitspuffer-Wecker habe ich nicht gehört oder im Halbschlaf ausgedrückt. In aller Eile packte ich meine noch herumliegenden Sachen, zog die Schuhe an und wollte den nächsten Bus zum Bahnhof erwischen. Pech - Feiertag in Österreich. Der Bus fährt nicht im regelmäßigen Takt, sondern nur noch halb so oft. Den Zug habe ich knapp verpasst, das Warten auf den nächsten dauerte eine halbe Stunde.
Hier war mir klar, dass sich nun das im vorab geträumte Ereignis entfaltet. Es war der gleiche Stress, den ich empfand, der gleiche Zeitdruck und das Bemühen, es doch noch irgendwie zu schaffen. Versuchen musste ich es dennoch.
Endlich am Flughafen angekommen, rannte ich zum Schalter der Fluglinie. Das gleiche Gespräch. Ich würde es wohl nicht mehr schaffen, man würde gerade das An-Bord-Gehen beenden. Aber versuchen könne ich es ja. Ich hatte nur Handgepäck und rannte los. Flüchtig auf eine Anzeigetafel geguckt - mist, Terminal C. Am weitesten weg! Terminal C war nicht mit den Flughallen A und B verbunden. Man musste über eine freie Fläche laufen, um dorthin zu gelangen. Als ich aus Terminal B herausrannte, sah ich über mir ein Flugzeug abheben. Es war klar: mein Flugzeug flog ohne mich weg. Dies war exakt der gleiche Anblick (vom gleichen Standpunkt im gleichen Winkel) in exakt der gleichen Umgebung, mit dem meine Traumsicht endete.
Auswertung
Die Zeitdauer von Stunden wurde im Vorab-Erleben auf kurze Zeit gerafft. Nicht, wie das Spulen mit einer Videokassette, sondern eher wie das Springen zu verschiedenen Markern. Oder wenn man bei einem digitalen Video am Computer immer mal wieder auf die rechte Cursor-Taste auf der Tastatur drückt (dann „hüpft“ das Video direkt 10 Sekunden weiter).
Da ich dort noch nie war, ist auszuschließen, dass ich die Flughafenumgebung (zwischen den beiden Terminals) aus meiner Erinnerung rekonstruiert habe.
Eine selbsterfüllende Prophezeiungen ist auch auszuschließen, da ich mich im Gegenteil gegen die Erfüllung des Ablaufs dringend gewehrt habe. Der Stress, den ich in der Situation empfunden und im Vorab auch schon gespürt habe, war mit durch den Umstand verursacht, dass ich den Ausgang der Geschichte durch mein Erleben schon ahnte/befürchtete. Ich nahm also im Vorab-Erleben Stress wahr, der in der Realität dann mit dadurch verursacht war, dass ich überhaupt das Vorab-Erleben hatte (solche nicht auflösbaren Kausalitätskreise habe ich schon öfter, und noch etwas eindeutiger, beobachten können).
Nach seiner Entfaltung konnte ich das Ereignis recht entspannt sehen. Ich hätte ohnehin wohl nichts ändern können.