Betretendes Schweigen (Freie Themen)

Leseratte, Mittwoch, 27.11.2024, 21:28 (vor 30 Tagen) @ detlef (563 Aufrufe)
bearbeitet von Leseratte, Mittwoch, 27.11.2024, 21:57

Hallo Detlef,

was jetzt von den alten Hasen verlangt wird, ist viel. Da gab es lange die furchtbare Sowjetunion und die veritable Angst, dass asiatische Horden Westeuropa überschwemmen und überaus katholische Brunnenbauer wurden mit kommenden Drängnissen zitiert. Natürlich war in dieser Periode jegliche düstere Prophetie wohlfeil, einfach deswegen weil wohl auch ein paarmal nur durch Haaresbreite die Welt einem nuklearen Armageddon entkam. Dazu gab es gesehene Bilder von Untergang en masse, herabstürzende Feuerkörper, Überschwemmungen, Panzerkeile und was weiß ich noch. Lag es da nicht nahe, anhand der gesehenen und prophezeiten Bruchstücke einen Fahrplan für den Untergang zu entwickeln, der sagte, wenn das oder das passiert, geht es los?

Dumm war es als die Mauer fiel und sich bis 2012 der endgültige Sieg des Westens abzuzeichnen schien. Bis dahin gab es Momente als alles durchaus nochmals eng erschien und der scheinbare Sieg des Westens noch nicht gesichert war. Da konnte man nochmal den alten apokalyptischen Impulsen nachgehen, Boote bauen und sich Megatsunamis vorstellen, samt Krieg hie und da, bis auch das verlandete. Siegte nicht der Westen überall? Dass da Trauerarbeit fällig war, wirst du selber wissen. Dein Boot wurde wahrscheinlich abgewrackt, die Rakete, die einst New York pulverisieren sollte, verwandelt sich laut BB in einen Meteroiten und Taurec sieht die Apokalypse als letztes Residuum eines ansonsten zu überwindenden Christentums. Dumm war auch, dass im Forum festgestellt wurde, dass man bei dem Brunnenbauer einer Mär aufgesessen war und der kommende Kaiser (Chiren) eine fromme Legende war. Der russische Bär bewegte unterdessen sich in den westlichen Streichelzoo. Blöde auch und die letzten apokalyptischen Aufschreie, die da angesichts dieses prophezeiungstechnischen Desasters nochmal eine Hilfe hätten sein können, Olympia 2012 von Parravicini und die Prophezeiung der Maya, verliefen ereignislos im Nichts.

Dumm nur, dass jetzt, nach einem medialen Seuchendesaster, man festgestellt hat, dass der russische Bär den Streichelzoo verlassen hat und und seine niedlichen, neuen Raketen mit seiner blutbefleckten Schnauze beschnuppert. Doof aber auch. Chinesische Fregatten umrunden die globale Chipindustrie, die heim in ihr Reich soll. Hatte Parravicini mit 2012 oder mit Tokio 2020 recht? Taumeln die USA in ihren zweiten Bürgerkrieg? Wird jetzt für diejenigen, die sich mit Prophezeiungen beschäftigen, doppelte Trauerarbeit fällig, nicht nur die vor 10 Jahren über die vergebens erwartete Apokalypse? Sondern auch die jetzige angesichts des mittlerweile vorschnell erscheinenden Widerrufs der eigenen apokalyptischen Erwartungen? Was sagt man jetzt angesichts gesellschaftlich verschwindender Hoffnungen, dass es auf Dauer Frieden geben könne? Etwa dass einige alte Visionen eben möglicherweise doch so abwegig nicht waren? Auch wenn geschaute Panzerschlachten am Rhein und ein superkatholischer Kaiser samt Bomberflotten aus der Wüste in der intellektuellen Gifttonnne bleiben sollen? Müsste man nicht jetzt erneut Trauerarbeit leisten, einfach deswegen, weil wieder mal das von einigen intellektuell erarbeitete reuige Szenario einer weit in die Zukunft reichenden stabilen Periode sich als Phantasmata entpuppt? Weil alle Schachfiguren erneut mit dem Brett gekippt sind und man sich außerstande sieht, zu wissen, ob man die erste oder die zweite Partie wieder aufbauen sollte?

Grüße Leseratte


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