Hallo nvf33 !
Ich danke für Deine Antwort! Meine Haltung bezüglich 'Materialismus' und 'Geist' hatte ich ja schon teilweise in eine Replik auf den Beitrag von @Steffomio eingearbeitet. In die gleiche Richtung (und für Interessierte etwas ausführlicher dargestellt) gehen der nachfolgend verlinkte Aufsatz sowie der dazu passende Wikipedia-Artikel.
https://www.herder-korrespondenz.de/heftarchiv/71-jahrgang-2017/heft-9-2017/die-renaissance-des-panpsychismus-ueberall-geist
https://de.wikipedia.org/wiki/Panpsychismus
Eine materielle Welt kann nur konstatiert werden, wenn vorher eine 'seelisch-geistige' Wahrnehmung eben dieser materiellen Welt gegeben ist. Durchaus wäre ein solcher Wahrnehmungsprozess auch materiell objektiv identifizierbar (etwa durch die physikalische Abbildung einer Gehirntätigkeit via EEG, MRT u.ä.). Jedoch benötigt diese Identifizierung wieder ein wahrnehmendes Subjekt. Wo die letzte Projektionsfläche oder der Ursprung der vorgängigen subjektiven Wahrnehmung ist, kann hier auf diesem Forum wohl nicht erörtert werden. Jedoch ist sie wiederum undenkbar ohne ein Gegenüber von 'Welt'. Hierbei ist interessant, dass diese Gegenwelt zum wahrnehmenden Subjektiven nicht zwingend materiell sein muss. Wenn wir eine Präkognition haben, sehen wir ganz offensichtlich etwas, dass noch nicht 'materiell geworden' ist - aber materiell werden wird (??!!). Deswegen habe ich darauf hingewiesen, dass die geistige und die materielle Welt keinesfalls deckungsgleich sind, und zwar nicht nur in Bezug auf präkognitive Inhalte sondern auch in anderer Hinsicht. Zudem ist das Subjektive nicht nur zu Wahrnehmungen sondern auch zu intentionalen Handlungen befähigt, während doch die materielle Welt kausal-mechanistisch, meinetwegen auch statistisch organisert ist.
Von beiden Welten unabhängig, sie überwölbend und sie erst konstituierend, ist das ABSTRAKTE bzw. die Transzendenz. Die materielle und die geistige Welt sind nur eine Offenbarung des ABSTRAKTEN. Am ehesten erfahren wir dies durch die Ordnungsprinzipien, nach denen sowohl die materielle wie die geistige Welt gestaltet sind. Selbst wenn alles hier in dieser Welt und Wirklichkeit nur 'zufällig' wäre, so wäre es eben eine Ordnung des Zufalls, die wir dann beobachteten - etwa wie wenn der Wind den Sand einer Düne aufwirbelt.
Wir sind demnach Zeugen und Teilnehmer eines Arrangements: wir wurden als Gäste eingeladen zu einem Abend im Zirkus, können sogar bei der Wahl der wunderbar gestalteten und ausgeführten 'Zirkusnummern' ein wenig mitbestimmen (durch intentionale Akte und sofern wir den Spielplan verstanden haben). Auch mögen wir den Zirkusabend genießen - im besten Falle, denn vielen bereitet er auch Schmerz und Leid. Doch bleiben wir alle zusammen immer die eingeladenen, zuschauenden Gäste - und wissen nicht wirklich, warum es den Zirkus gibt, warum wir gekommen sind, warum wir bleiben und wieder gehn. Manche haben in dieser Situation verständlicherweise den Wunsch, dem Zirkusdirektor zu begegnen. Doch der ist auch nur ein Teil des (seinem Wesen nach transzendenten) Arrangements.
Dein Volltext-LINK zum Aufsatz von Ehrenhaft funktioniert nicht. Den musst Du aber wegen mir nicht installieren, da ich den Text bereits habe, auch den Vorgängerartikel von 1914. Die Physik ist für mich bis auf wenige Kleinigkeiten (etwa das Neutrino) abgeschlossen. Ich verweise hierzu nochmals auf Heinrich Rettig, Die Welt als Entfaltung des bipolaren Absoluten (Bühl, 1961) [Dank an @Ulrich für die Berichtigung des Autorenvornamens!] **). Das genannte Werk hat zwei Bände; im ersten stellt der Autor die Grundlagen der Physik und des Weltmechanismus aus seiner Sicht dar, im zweiten begründet er den hier eingangs erwähnten Panpsychismus innerhalb dieses seines Systems.
Sagitta wünscht ein schönes Wochenende
**) Ein Scan des vergriffenen Buches stelle ich Interessenten gerne zur Verfügung, wenn mir die rein private Verwendung des Textes zugesichert wird ( - möchte mich nicht einer Copyright-Verletzung schuldig machen!).