weitere Gedanken (von Fakten traue ich mich gar nicht mehr zu sprechen!) (Schauungen & Prophezeiungen)

Rico, Freitag, 14.08.2020, 20:51 (vor 1572 Tagen) @ Harald Kiri (1203 Aufrufe)

Hallo Harald Kiri,
ich habe den Eindruck, dass ich in einigen Punkten nicht richtig verstanden wurde, teils, weil ich selber zu knapp formuliert habe, teils, weil es um schwierige und komplizierte Sachverhalte geht, die man besser im direkten Gespräch von Person zu Person besprechen kann als in einem knappen Forumskommentar.

auf Ifans Überlegung

Physikalisch gibt es keine Begründung dafür, warum es keine Geschwindigkeiten über Lichtgeschwindigkeit geben sollte.

gibst Du lediglich Folgerungen aus der Relativitätstheorie wieder, deren Grundlage IFan anzweifelt.

Ja, weil die Relativitätstheorie eine physikalische Theorie ist. Aus welchem Fachbereich sollte ich denn sonst eine Theorie hernehmen? ;-)
Außerdem – gibt es einen Grund, eine Theorie nicht mehr verwenden zu dürfen, weil der Gesprächspartner diese anzweifelt oder nicht glaubt? Das sieht mir sehr nach einem rhetorischen Trick aus. Ich bin zwar selber rhetorisch nicht geschult, was noch lange nicht heißt, dass ich rhetorische Tricks nicht – wenigstens mit Verzögerung nach eigenem Nachdenken – erkenne. Und wenn man eine Theorie nicht anerkennt, so könnte man doch wenigstens eine alternative Theorie in den Raum stellen und Schlussfolgerungen daraus ziehen, oder noch besser, die (eigene) alternative Theorie so gut darstellen, dass andere entweder von sich aus auf entsprechende Schlussfolgerungen kommen oder diese wenigstens nachvollziehen können. Außerdem ist die Relativitätstheorie keine abstruse Theorie, sondern meines Wissens nach allgemein anerkannt. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass sie irgendwann einmal widerlegt wird, aber dazu muss man sie erst mal widerlegen. Und durch eine neue, bessere Theorie ersetzen! Außerdem wurde sie seit 1919 schon mehrfach bewiesen, obwohl sogar ihr Urheber Albert Einstein anfangs nicht daran glaubte.

Warum kann das nicht sein? Wenn zwei Züge sich mit Höchstgeschwindigkeit von sagen wir mal 500 km/h sich entgegenkommen, ist es doch auch möglich, auch wenn kein Zug 1000 km/h schnell fahren kann. Der Argumentation kann ich nicht folgen.


Diese Einlassung auf IFans Beispiel, warum die Relativitätstheorie nicht plausibel ist, finde ich erheiternd, da es lt. Relativitätstheorie eben keine Relativgeschwindigkeiten größer als die Lichtgeschwindigkeit geben kann. Die Relativgeschwindigkeit Deiner beiden Züge wäre genau 1000 km/h, somit bestätigst Du eine Relativgeschwindigkeit der beiden Lichtstrahlen von 2c, die es nach der RT nicht geben kann..

Darüber musste ich erst mal nachdenken, da ich kein studierter Astrophysiker bin, der auf jede Frage und jeden Einwand sofort eine umfassende Antwort aus dem Ärmel schütteln kann. Aber ich beschäftige mich schon seit meiner Kindheit mit Themen wie Astronomie und denke, dass ich so tief in die Materie eingedrungen bin, dass das Dunning-Kruger-Effekt zumindest in Teilbereichen der Naturwissenschaft wie Astrophysik auf mich nicht anwendbar ist, was natürlich nicht heißt, dass wissenschaftliche Profis mich nicht berichtigen und/oder Wissenslücken auffüllen können.
Mein Beispiel mit den beiden Zügen war ein Schnellschuss und unzureichend, um meine Intention darzustellen. Ich möchte an dieser Stelle Beispiele nennen, anhand derer mir die Relativitätstheorie verständlich ist:

Beispiel 1:
Angenommen, es gäbe ein Raumschiff, dass sich mit halber Lichtgeschwindigkeit (½ c) fortbewegt. Ohne die Annahmen der RT wäre die Relativgeschwindigkeit der Photonen, die die Rücklichter des Raumschiffs aussenden, ½ c. Das Licht der Rücklichter wäre also ziemlich lahm. Das Licht, das das Raumschiff aber nach vorne – in Flugrichtung aussendet – wäre anderthalb mal so schnell wie die Lichtgeschwindigkeit! Nach der RT bewegen sich jedoch die Photonen in beide Richtungen mit exakt c durch den Raum und erfahren weder eine Beschleunigung noch eine Abbremsung durch die Eigenbewegung des Raumschiffs.

Beispiel 2:
Wir haben eine unbewegliche Lichtquelle, die in genau entgegengesetzte Richtungen Licht aussendet. Die Photonen, die nach links „fliegen“, bewegen sich mit c, und die Photonen, die nach rechts „fliegen“, bewegen sich auch mit c. Nach genau einem Jahr befindet sich das erste Photon, das nach links ausgesendet wurde, ein Lichtjahr links von der Lichtquelle, und dasjenige, welches nach rechts ausgesendet wurde, ein LJ weit rechts von der Lichtquelle. Diese beiden Photonen befinden sich also nach einem Jahr „Flugzeit“ genau 2 LJ voneinander entfernt. Damit wäre die Relativgeschwindigkeit 2c! Habe ich mich also selbst widerlegt? Nein, denn unter Relativgeschwindigkeit verstehe ich das, was ich in Beispiel 1 beschrieben habe.

Das Zugbeispiel:
Auf das Beispiel IFans mit den zwei Sonnen ist mir auf Anhieb das Zugbeispiel eingefallen. Das Zugbeispiel hat auch Parallelen zum eben genannten Beispiel 2. Ich vermute, dass ich der Argumentation von IFan nicht folgen konnte, weil ich eine „Differenzgeschwindigkeit“ nicht als Relativgeschwindigkeit ansehe. Man bräuchte erst mal eine wasserdichte Definition, was man unter einer Relativgeschwindigkeit versteht, um ein gegenseitiges Verständnis zu ermöglichen. Die Höchstgeschwindigkeit eines Zuges bleibt für mich 500 km/h, auch wenn ihm ein Zug mit der gleichen Höchstgeschwindigkeit entgegenkommt. Analog dazu bleibt c für mich c, wenn zwei Photonen aus genau entgegengesetzten Richtungen aneinander vorbeifliegen.

Man braucht c gar nicht erreichen; wenn man sich c nur ausreichend annähert, kann man auch etliche Lichtjahre in einer (gefühlt) angemessenen Zeitspanne überbrücken.


Das setzt dem Ganzen die Krone auf. In stiller Anerkennung der Relativitätstheorie als gottgegeben, argumentierst Du mit einer Annäherung an c als Beschleunigung der Zeit. Ich möchte hier mit den Formeln der Relativitätstheorie kurz mal rechnen, wieviel Energie Deine Annäherung zur signifikanten Zeitdilatation benötigte, falls sie denn Tatsache wäre. Und dabei betrachte ich ausschließlich die Bewegungsenergie, die benötigte Energie wäre durch Verluste noch erheblich höher.


Ich habe den Fehler gemacht und salopp formuliert, dass man einfach nur mal eben 99,999 % von c erreichen brauche, um mithilfe der Zeitdilatation interstellare Weiten in gefühlt kurzer Zeit zu überbrücken, so als ob das ein Kinderspiel wäre.
Natürlich weiß ich, dass mit zunehmender Annäherung an c die Masse, die bewegt werden muss, immer schwerer wird und man immer mehr Energie hineinstecken muss, um noch weiter zu beschleunigen. Und um die Technologie zu entwickeln, um solch exorbitante Energiemengen zu erzeugen und nutzbar zu machen – das ist euphemistisch ausgedrückt „nicht in Sicht“. Dazu brauchtest du mir nichts vorrechnen.
Als gottgegeben sehe ich die RT allerdings nicht an – eher die Zehn Gebote.

Du glänzt hier mit gesundem Halbwissen, ohne auch nur verstanden zu haben, was IFan eigentlich meinte.

Wie ich bereits gesagt habe habe ich durch eine unbedachte Formulierung den Eindruck von Wissenslücken bezüglich der Zunahme von Masse und benötigter Energie erweckt. Die Längenkontraktion bei Geschwindigkeiten nahe c habe ich auch vergessen zu erwähnen. Damit sollte die andere Hälfte meines Wissens nun sichtbar sein. :-)
Und dass ich IFan wohl nicht richtig verstanden habe, habe ich in meinem vorherigen Beitrag auch schon gesagt.

Viele Grüße

Rico


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