Urgestein und Geschliffenes (Schauungen & Prophezeiungen)

Gerhard, Samstag, 23.01.2010, 12:32 (vor 5446 Tagen) @ Fred Feuerstein (5718 Aufrufe)

Lieber Fred Feuerstein!

Wie ich bereits sagte: niemals würde ich den Velten in die Tonne geben wollen. Er soll bestehen bleiben!

Ich will nur die Frage aufwerfen, was an seinem Text für uns wirklich verwertbar ist und deshalb die weitere Beschäftigung lohnen würde.

Beispielsweise redet auch er von einem ingrimmig kaltem Winter (Seite 17, man beachte die Druckfehler). Und das ist ganz schön beschrieben, inklusive der Wölfe, dem zugefrorenen Bodensee und den Fluten im darauffolgenden Frühjahr. Aber was hilft uns diese Beschreibung? Nichts! Es ist überhaupt kein Anhaltspunkt da, wie wir das zeitlich einordnen könnten. Und außer der "Grimmigkeit" hat der Winter auch keine besonderen Charakteristika - während dagegen eine Information, dass in einem Frühherbst die Äpfel an den Bäumen gefrieren und deshalb abfallen (einMensch) doch wesentlich interessanter ist.

Desgleichen taucht bei Velten ein Komet auf, erneut wunderbar beschrieben, inklusive der Ignoranz der Menschen/Mächtigen bei der ersten Sichtung des Himmelskörpers (Seite 10). Aber was hilft es uns? Nichts! Wir haben hunderte solcher apokalyptischer Kometen-Visionen. Was wir aber brauchen, sind spezifische und charakteristische Detailinformationen (in den betreffenden Schauungen), die wir dann mit anderen Prophezeiungen, mit realen geschichtlichen Entwicklungen und mit "naturwissenschaftlichen" Erkenntnissen zu einem kohärenten und in sich stimmigen Bild verknüpfen könnten.

Am meisten stört mich an Velten der Versuch, ein riesiges apokalytisches Geschehen in wenige Jahre hineinzuzwingen (siehe schon den Titel des Buches). Das ist von vorneherein ein Ansatz, der offenbar nichts mit den Visionen selbst zu tun hat. Meine Vermutung geht dahin, dass irgend ein "Schreiberling" auf den Velten aufmerksam wurde und dessen Visionen (die durchaus authentisch gewesen sein mögen) dann aufbereitet und in diese Schrift hinein verpackt hat. Dieser "gedruckte" Velten ist nicht mehr Urgestein - sondern zugehauen, geschliffen und poliert.

Ein vergleichbarer, allerdings etwas anders gelagerter Fall liegt vor bei den Prager Sibyllen, über die ich in dem alten Thread "Bücher, Bücher" vor ein paar Tagen ein paar Sätze geschrieben hatte. Auch hier gibt es sehr eindrückliche und authentische Bilder (neben vermutlichem Schrott). Aber auch diese Bilder sind doch nicht so geartet, dass wir sie mit anderen Schauungen streng und sinnvoll verknüpfen könnten.

Anderes Beispiel: gestern habe ich die Visionen der "lieben Frau aller Völker" (Amsterdam) durchgelesen. Es geht bei diesen absolut authentischen Offenbarungen (1945-1959) und bei der daraus entstandenen kirchlichen Bewegung um extrem wichtige Fragen der weiteren Entwicklung des Christentums ***). Das hat mit unserer doch sehr "materiell" ausgerichteten Prophezeiungsforschung zunächst gar nichts zu tun. Dennoch finden sich in diesem Textkorpus Hinweise auf Vorgänge, die auch für uns wichtig wären. Etwa warnt die "liebe Frau" mehrmals vor "Meteoren", und es gibt eine ganz eindeutige Vision von einer Überflutung. Aber wiederum sind die betreffenden Informationen zu unspezifisch. Sie sagen uns nicht, wann - wo - aus welcher Richtung - wie hoch die Flut kommen wird. Sie sagen auch nicht, wie schnell und groß der Meteor sein wird. Wir werden somit allenfalls bestätigt und motiviert, die Sache mit Fluten und Impakten auch wirklich todernst zu nehmen. Aber in diesen realen, konkreten und materialistischen Fragen - wo muss ich hinstehen, dass es mich nicht trifft - helfen uns solche Texte überhaupt nicht weiter. Dabei ist das Rating, also die Bonität, für die "liebe Frau" von Amsterdam in meinen Augen ein AAA, während ich Velten ein CCC und der letzten Prager Sibylle ein BBC geben würde.

Wie gesagt: dies ist nur meine Meinung, die ich niemand nahelegen, geschweige denn aufzwingen will.

Ein schönes Wochenende, auch für alle Mitleser, wünscht

Gerhard


***) Die katholische Kirche war und ist noch (wie viele andere geschichtliche Institutionen) eine reine Männerbande. Während die Jungmännerbanden in der Geschichte meist losschlagen wollen, sind die Altmännerbanden eher mit Herrschaftszementierungen beschäftigt, dazwischen stehen die mittleren Jahrgänge mit ihren expansiven "Reichsideen". Diese Männerbanden unserer patriarchalischen Gesellschaft haben uns über die letzten 5000 Jahre die ganzen elenden Kriege beschert. Es hat das eine gewisse Berechtigung gehabt, da durch den permanenten Wettbewerb eine enorme technische und wissenschaftliche Entwicklung angestoßen wurde. Aber wenn wir so weitermachen, dann zerstören wir uns. Wir müssen deshalb dem wahren (nicht feministischen) weiblichen Element in unserer Gesellschaft wieder seinen natürlichen Rang und Raum zurückgeben, dürfen es nicht weiter so verdrängen und verzwängen wie bisher. Das gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche, also auch für den der "Religion". In diesem Zusammenhang sind, für die katholische Kirche gesprochen, die Marienerscheinungen und die Bemühungen um die Änderung des Dogmas (Maria als Miterlöserin) zu sehen. Desgleichen auch die damit (entfernt) zusammenhängende Forderung, dass nicht wenige Völker über die ganze Welt herrschen, sondern alle Völker gleichberechtigt und kooperativ auf diesem Planeten miteinander leben sollen. Und um diese Themen geht es der "lieben Frau aller Völker", wobei sie die katholische Kirche auffordern wollte, hier interne Änderungen vorzunehmen. Das ist in (sehr schwachen) Ansätzen bereits geschehen, wird sich aber erst nach dem (nicht mehr allzu fernen) Untergang des Papsttums mit voller Kraft weiter entwicklen können.


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