Guten Abend -
und besten Dank für Eure Kommentare und Überlegungen!
Wenn man dasjenige an den Feldpostbriefen streicht, was möglicherweise aus der Tradition der Prophezeiungen stammt, dann bleibt in etwa Folgendes übrig:
Rußland überfällt den Süden Deutschlands, aber nur kurze Zeit ...
Am Schluß kommt noch Rußland und fällt über Deutschland her, wird aber zurückgeschlagen[/color], weil die Natur eingreift, und da wird in Süddeutschland ein Platz sein, wo das Ereignis ist, wo später die Leute von der ganzen Welt hinreisen, zu schauen.
Beim dritten Geschehen fällt Rußland in Deutschland ein und zwar im Süden bis Chiemgau, und die Berge speien dann Feuer, und der Russe lässt alles zurück an Kriegsgerät. Bis zu Donau und Inn wird alles dem Erdboden gleich gemacht und vernichtet. Die Flüsse sind alle so seicht, dass man keine Brücke mehr braucht zum Hinübergehen. Von der Isar an wird den Leuten kein Leid mehr geschehen.
Hier stellt sich die Frage, warum der Franzose so detailliert den bayerischen Süden von Deutschland darstellt. Das kommt mir verdächtig vor. Es könnte zwar sein, dass dort was ganz besonders Auffälliges ist, das es sonst in Restdeutschland nicht gibt, sprich: das Ding, das später zur Touristenattraktion wird.
Es könnte aber auch sein, dass Rill Gelegenheit hatte, den Franzosen zu fragen, ob und wie seine Heimat von diesem dritten Weltgeschehen betroffen würde. Beide Gründe würden dafür sprechen, dass hier originale Schauungen zugrunde liegen. Und der Seher dürfte eventuell einen Bezug zu Bayern haben.
Die Hauptfrage aber ist: wie kann man aus der Perspektive von 1914 einen Einfall der Russen in Deutschland andeuten. Die letzte Anwesenheit von russischen Truppen in D liegt da 100 Jahre zurück, also Ende napoleonische Kriege. Außer dem "Kamel aus dem Osten, das vom Rhein säuft", was schon 2000 Jahre als Prophezeiung existiert, gibt es wirklich keine explizieten und klaren Hinweise in den einigermaßen validen Prophezeiungen vor 1914 bezogen auf Russen (und besonders die Russen in Bayern, gerade nicht am Rhein). So steckt hier vermutlich ein echter eigener prophetischer Kern des Franzosen.
Eine Detailfrage liegt am Rande: sind die Flüsse seicht vor den dritten Weltgeschehen oder nach der damit verbundenen Naturkatastrophe. Und ein weiteres Detail ist der auffallende Ausdruck 'Weltgeschehen'. Verlangt gute Kenntnis der Geschichte und Urteilsfähigkeit.
Um diese Zeit wird es furchtbar zugehen ...
Die nächsten hier nachfolgenden Sätze (in meinem eigenen Arrangement der Feldpostbriefe) möchte ich gerne streichen, weil die "Lumperei" ja künstlich hierher in die Zeit des dritten Weltgeschehens gezogen wurde - und weil es sich um Allgemeinaussagen handelt, vielleicht abgesehen davon, dass es in der deutschen Geschichte eher selten vorkommt, dass die Obrigkeit am Fensterbalken aufgehängt wird. Die Deutschen sind viel zu brave Bürger ...
Beim Krieg selbst bekommt keiner was vom anderen; und wenn die Schweiz Deutschland hilft, dann dauert es nicht mehr lange, und der Krieg ist aus.
Krieg ohne Gewinner, und eine Schweiz, die Deutschland hilft - das sieht mir wieder nach Eigenständigem aus, ich weiß wenigstens nicht von vergleichbaren Aussagen in der früheren Prophezeiungsliteratur, also vor 1914.
die Jahre dieser wilden Einkehr
Das ist eine sehr interessante und auffällige Formulierung, die ich gerne dem Franzosen zuschreiben würde.
In Russland werden alle Machthaber vernichtet. Die Leichen werden dort nicht begraben und bleiben liegen. Hunger und Vernichtung.
Das hat Irlmaier offensichtlich von hier übernommen (wie auch die seichten Flüsse und evtl. die Schonung bestimmter bayerischer Landstriche wie oben). Für sich genommen ist diese Aussage zu einer russischen Revolution nach dem dritten Weltgeschehen eine höchst auffällige Aussage, wenn im Jahr 1914 gesprochen. Auch dazu ist mir keine Schauungs-Parallele aus der Zeit davor bekannt.
Der regierende Papst ist dann dabei beim Friedensschluss
Das Wort vom "regierenden Papst" ist wirklich sehr merkwürdig - als ob es auch nichtregierende Päpste gäbe?! Nun ja, zum ersten Mal seit rund 600 Jahren haben wir wieder mal so eine Konstellation. Man kommt in Versuchung zu fragen: wie lange noch?
Mit diesen Zitaten und Anmerkungen habe ich versucht, den genuinen und daher am ehesten für die Zukunft brauchbaren Kern der Feldpostbriefe herauszuschälen.
Mit freundlichen Grüßen,
Sagitta