Moin Leute
Da sich hier so wenig tut, und das Thema Pfeil und Bogen nun schon gut ein Jahr zurück liegt, leier ich das mal wieder an.
In einer der "Bogenbau-Bibeln" steht ein netter Spruch, den man einen alten Indianer zurechnet. Selbiger soll in etwa gesagt haben: "Einen Bogen kann (fast) jeder Depp aus (fast) jedem Knüppel bauen. Gute Pfeile herzustellen ist eine Kunst." Ich weis natürlich nicht, ob der Spruch tatsächlich von einem Indianer stammt, aber stimmen tut er ... zumindest teilweise.
In beiden Fällen (Bogen und Pfeile) liegt das Problem der Herstellung kaum im technischen Können oder geeignetem Werkzeug. Jeder, der über zwei gesunde Hände verfügt, nicht gerade blind ist und intelligent genug ist, sich alleine anzuziehen, kann das einigermaßen hinbekommen. Man muss es halt nur wollen.
Sowohl für den Bogen, als auch für die Pfeile benötigt man möglichst zähelastisches Holz. Die oft so viel gerühmte "Weide" ist trotz vielfacher Bekundung von "Fachleuten" (Wir haben als Kinder immer tolle Bögen aus Weide gebaut ...) denkbar ungeeignet. Nicht, das es rein gar nicht ginge ... Die Haltbarkeit und Leistungsfähigkeit lässt halt nur stark zu wünschen übrig.
Grund:
Weide ist nicht zähelastisch genug, sondern leicht biegsam (weshalb man daraus ja auch gut Körbe flechten kann). Zähelastisch bedeutet, das sich das Holz gut biegt und dann möglichst schnell wieder in seine Ausgangsposition zurück springt. Weide lässt sich gut biegen, keine Frage. Nur mit dem Zurückspringen ist es nicht sonderlich weit her.
Das für unsere Breiten idealste Baumaterial dürfte Haselnuss sein. Sowohl um mal eben zu sehen, ob man es kann, als auch ernsthaft und insbesondere im Survivalfall. Kennt fast jeder, kommt überall vor, gut und einfach zu bearbeiten, sowohl für Bogen, als auch für Pfeile bestens geeignet und -> Einigermaßen gut behandelt (Auswahl, Trocknung, Bearbeitung etc.) nur mit roher Gewalt kaputt zu bekommen.
http://www.baumkunde.de/baumdetails.php?baumID=0070
Für die Herstellung eines (Survival) Bogens gibt es mehrere Möglichkeiten.
Die einfachste ist ein möglichst gerader Trieb von geeigneter Dicke (am dicken Ende zwischen 2,5 und 3,5 cm) und Länge (etwa "mannslang"). Vorsichtig schälen (nur die Rinde ab, nicht das Holz verletzen), trocknen (Möglichst komplett duchtrocknen lassen, was ein paar Tage bis Wochen dauert!) lassen und mit einer Sehne versehen. Fertig! Das dünnere Ende ist oben und die Bogenform ist dann natürlich unsymmetrisch.
In Ermangelung von geeigneten Trieben, kann man auch einen Bogen aus mehreren dünnen Trieben herstellen.
http://www.youtube.com/watch?v=Izuo-45rVNs
Anders als in dem Video, sollte man die Triebe ebenfalls schälen und trocknen lassen.
Beide Formen sind zwar nicht gerade das Non plus Ultra, aber sie funktionieren. Es wird zwar nicht ausreichen für einen Elch, aber Karnickel, Enten und ähnliches dürften (im Survivalfall) davon nicht begeistert sein. Die Haltbarkeit ist auch nicht für die Ewigkeit gedacht. Aber es dürfte Ausreichen um sich mit Futter zu versorgen, bis man was besseres gebaut hat.
Für einen besseren Bogen gibt es weitere Möglichkeiten, diese z.B.:
Sie beginnt wie beim Ersten oben, nämlich mit einem geeigneten, gerade Trieb. Selbiger ist dieses mal nur etwas Dicker. Die Dicke sollte hier am dicken Ende zwischen 3 und 5 cm liegen. Die Länge wie gehabt, etwa "mannslang". Die Trocknung (wenn möglich beide Enden "versiegeln") erfolgt hier möglichst mit Rinde und dauert je nach Witterung und Dicke mehrere Monate (etwa 6 bis 8). Es geht natürlich auch ohne Rinde (hier noch mehr darauf aufpassen, das man nicht das Holz beschädigt) geht es erheblich schneller. Mit Rinde wird meiner Erfahrung nach, das Holz aber besser. Keine Ahnung, warum das so ist. Eventuell verbleiben wegen der Rinde irgendwelche ätherischen Öle im Holz und kristallisieren beim Trocknen aus. Ist das Holz trocken und frei von Rinde, geht es los mit dem bauen. zunächst legt man den Griffbereich (Mitte) fest. hat man nichts zum Messen, genügt es "abzugreifen". Ist die Mitte festgelegt und markiert, legt man den Griffbereich fest. So richtig ideal und fachlich richtig, wäre 1/3 oberhalb der Mitte und 2/3 unterhalb (überm Daumen). Einfacher und genau so gut, geht es symmetrisch. Also 4 Fingerbreit ober- und unterhalb der Mitte. Alle drei Markierungen sollten rund um den zukünftigen Bogen laufen. Aber nicht etwa mit einem Messer einschneiden, sondern mit irgendwas vorsichtig (ohne Beschädigung) anzeichnen. Ist dieser enorm schwierige Teil erledigt, besieht man sich den Bogen von allen Seiten. Das Teil ist ja nicht "schnurgerade", sondern hat bestimmt irgendwo leichte Wellen und Biegungen. Sinn der Übung ist es, festzulegen was beim zukünftigen Bogen mal Bauch (dem Schützen zugewandt) und Rücken (vom Schützen weg) werden soll. Die Bauchseite markiert man dann mit einem Längsstrich durch den Griffbereich (bei der Gelegenheit gleich anzeichnen wo oben ist). Zur Kontrolle kann man (sollte man) noch mal mit einer langen, dünnen Schnur nachschauen. Selbige wird von einem zum anderen Ende gespannt und sollte an beiden Enden genau über dem Markkanal stehen. Im Idealfall liegt sie dann auch genau über der vorher im Griffbereich angebrachten Markierung. Zumindest sollte sie annähernd dort liegen.
... Und jetzt geht es los mit dem Bauen:
Zunächst geht es an den oberen Wurfarm (das dünnere Ende). Ganz am Ende sollte die Breite so etwa 1 bis 1,5 cm betragen. Ist das nicht der Fall, trägt man beidseitig vorsichtig Material ab bis es passt. Die Gleichmäßigkeit kontrolliert man über den Markkanal. Selbiger sollte hinterher in der Mitte sein. Der Abtrag geht am genauesten mit Schaben (darauf achten, das es nicht nur gleichmäßig, sondern auch möglichst parallel ist). Zu Übungszwecken tut es ein billiges Küchenmesser oder ein Stück Cutterklinge. Im Survivalfall jeder andere geeignete scharfkantige Gegenstand (Stein, Glasscherbe etc.). Ist das Ende auf Breite, sorgt man (ebenfalls durch Schaben) dafür, das der Wurfarm von de Spitze bis zum Griff einigermaßen gleichmäßig breiter wird. Dabei nicht versuchen irgendwelche Wellen zu begradigen. Einfach nur beidseitig Material abtragen bis es (optisch) passt.
Ist man beim Griff angekommen und zufrieden, mach man das Gleiche beim unteren Wurfarm. Dieses mal allerdings umgekehrt und nicht mit Augenmaß. Also braucht man zunächst irgendwas um einigermaßen sicher eine Breite abgreifen zu können. Zu Übungszwecken darf es ruhig ein Messschieber sein. Im Survivalfall muss man sich was aus Zweigen und Schnur basteln. Als erstes greift man die breite der oberen Griffmarkierung ab und testet die Untere. Selbige sollte geringfügig breiter sein. Mittels Schaben auf beiden Seiten bringt man sie auf die gleiche Breite. Dann oberhalb der oberen Griffmarkierung 4 fingerbreit (oder 5 cm) abmessen, rundum markieren, abgreifen. 4 fingerbreit unterhalb der unteren Griffmarkierung rundum markieren und die Stelle durch Schaben auf die oben abgegriffene Breite (gleichmäßig) bringen. Den Vorgang wiederholt man, bis man am unteren Ende angekommen ist, und der Bogen in der Breite symmetrisch ist.
Fast das gleiche Spiel nun mit der Dicke des Bogens. Der unterschied zur Breite besteht darin, das NUR (!!) auf der Bauchseite Material abgetragen wird und das man nicht am Ende beginnt. Am Griff beginnend trägt man in langen Zügen zur Spitze hin Material ab. Wer hat, nimmt ein Messer oder Speichenhobel (Schabhobel). Wer nicht, der Schabt. Von der oberen Griffmarkierung zur Nächsten (oder etwas drüber hinaus) erfolgt der Abtrag ziemlich rapide in einem mehr oder weniger starken Bogen (bis ein paar mm vor dem Markkanal). Ab da dann gleichmäßig bis zur Spitze. Auch hier den vorhandenen Wellen folgen. Ziel ist es, das der obere Wurfarm anfängt sich wie gewünscht zu biegen. Die Biegung sollte kein Kreis sondern eine Ellipse sein. Zwei handbreit vom Ende bleibt es etwas steifer. Man behält also nicht einen möglichst gleichmäßigen Materialabtrag im Auge, sondern versucht eine gleichmäßige Biegung (durch Kontrolle) zu erreichen. Und man sollte nicht zu viel Material wegnehmen. Gerade so viel, das die Biegung passt. Wegnehmen kann und muss man später immer noch was. Ankleben ist nicht möglich.
Ist der obere Wurfarm zufriedenstellend, macht man das Gleiche mit dem Unteren. Man kann hier, wie bei der Breite, die Maße vom Oberen abgreifen und übertragen. Muss man aber nicht. Wichtig ist, das auch hier die Biegung einigermaßen passt. Nun hats schon fast Ähnlichkeit mit einem Bogen
... Und nun kommt der Schwere Teil:
Man braucht dafür vierfünf Dinge:
ein gutes Augenmaß
eine provisorische Bogensehne (etwas Länger als der Bogen)
ein paar Meter Schnur
etwas, wo man den Bogen sicher horizontal aufhängen kann
und Geduld
Zunächst bringt man am Bogen provisorische Sehnenkerben an. Selbige befinden sich am äußersten Ende der Wurfarme und sie werden nur an den Seiten eingeschnitten (nicht zu tief). Die provisorische Sehne anbringen und den Bogen aufhängen. Die Schnur in Sehnenmitte anbringen, nach unten laufen lassen, dort durch eine Umlenkung und dann vom Bogen weg. Nun stellt man sich ans Ende der Schnur und zieht vorsichtig daran. Der Sinn des Ganzen ist es, aus ein paar Metern Abstand zu sehen, wie die Wurfarme arbeiten. Selbiges werden sie nicht gleichmäßig tun, aber genau das sollen sie. Das Soll erreicht man, in dem man genau beobachtet, wo das nicht der Fall ist, und trägt dann genau dort vorsichtig etwas Material am Bogenbauch ab. Ist das Material abgetragen, den Bogen wieder aufhängen, 20 bis 50 mal die Wurfarme wippen lassen und erneut genau beobachten. Den Vorgang wiederholt man, bis die Wurfarme möglichst exakt gleichmäßig eine (halbe) Ellipse ergeben (die Enden bleiben etwas steifer). Mit jedem Arbeitsgang lässt sich der bogen dann auch etwas weiter ausziehen und man muss zwischendurch die provisorische Sehne kürzen. Im Idealfall hat man die Gleichmäßigkeit erreicht, bevor man den vollen Auszug (beim Wunschzuggewicht) erreicht hat. In gleicher Weise arbeitet man sich dann an den vollen Auszug mir dem gewünschten Zuggewicht heran.
Nun noch die richtigen Sehnenkerben anbringen und die anderen abschneiden oder die provisorischen in richtige verwandeln. Auch hier gilt: Die Sehnenkerben verlaufen nur seitlich, allenfalls noch etwas zum Bogenbauch hin. Nienicht auf dem Bogenrücken! Es sei denn, man klebt dort vorher was auf, wo man die rein macht. Anschließend den Bogen noch bisserl schleifen, alle eventuellen Kanten vorsichtig etwas runden und den Bogen mit irgendwas Wetterfest machen (Lack, Öl, Fett). Danach wenn gewünscht, noch was um den Griff wickeln. Sehne anfertigen, fertig.
Hier noch eine schöne Anleitung, wie es noch geht:
http://www.youtube.com/watch?v=U2N1cT1tKmM&feature=channel
Ist allerdings ziemlich lang und in mehreren Teilen. Dafür zeigt es, das gesunde Hände und Willen reichen.
Zum Abschluss noch ein schönes Video über Pfeile. Genauer gesagt über deren Flug. Man sieht deutlich, warum Pfeile immer mindestens zum Bogen, besser noch auch zum Schützen passen sollten. Gegen Ende zerbricht ein Pfeil, weil er garantiert nicht gepasst hatte.
http://www.youtube.com/watch?v=WzWrcpzuAp8
MfG
Wizard
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Anführer = Erster unter Gleichen, jemand der den Anderen als Vorbild DIENT, den Anderen also voran geht und nicht jemand der die Anderen voran peitscht.