Pfeil und Bogen II (der Großvater des Bogens) (Freie Themen)

Wizard, Berne, Freitag, 18.09.2009, 07:19 (vor 5923 Tagen) @ Wizard (8291 Aufrufe)

Moin Leute

Heute geht es um den "Großvater" des Bogens.

Gemeint ist die Speerschleuder, auch Atlatl oder Woomera genannt. Bestehen tut das Ganze aus einem Schleuderholz und "Speeren". Die Speere habe ich deshalb in Anführungsstrichen gesetzt, weil es eigentlich eher übergroße Pfeile sind, die halt nicht geschossen sondern geworfen werden. Deshalb benutze ich hier auch lieber den englischen Begriff "Dart".

Die Reichweite ist geringer als beim Bogen, aber höher als rein von Hand geworfen. Dafür ist die Durchschlagskraft durch das weitaus höhere Gewicht auch erheblich größer.

Die Herstellung der Schleuder ist denkbar einfach. Man nehme ein etwa daumendickes und unterarmlanges (es geht auch etwas länger) Stück Hasel (oder halt das Holz, was man gerade zu fassen bekommt. Das dünnere Ende ist zum Anfassen und am dickeren Ende sollte eine kleine Astgabelung sein. Sie Astgabelung schnitzt man so zurecht, dass nur ein kleiner Dorn stehen bleibt. In Selbigen wird dann der Dart "eingeklinkt".

So in etwa:
http://www.peoplesharvest.org/atlatl_branch3.jpg
http://wiki.davidmanise.com/images/9/92/Atlatl_branch2.jpg

Wie bei allem, kann man natürlich auch hier mehr Arbeit reinstecken:
http://msnbcmedia1.msn.com/j/msnbc/Components/Photos/051118/051118_ancientweapons_hmed_4p.hmedium.jpg
http://www.jasondejong.ca/Atlatl/Atlatl_Display.jpg

Die Darts selber benötigen etwas mehr Arbeit. Hier sollte man nach Möglichkeit nicht auf das nächstbeste Holz zurückgreifen, sondern tatsächlich Hasel nehmen. Schnell und einfach, nimmt man eine möglichst gerade Haselrute von 1,70 bis 2,20 m Länge. Selbige sollte am dünnen Ende noch gut fingerdick sein. Das dicke Ende spitzt man an, und hält es zum Härten etwas ins Feuer. Am dünnen Ende kratzt man den Markkanal etwas auf, so das ein leichter Trichter entsteht, in dem der Dorn am Schleuderholz Platz findet. So etwa 10 bis 15 cm vom dünnen Ende weg, befestigt man drei Federn. Selbige sollten nicht zu klein sein, etwa gleich groß und ganz wichtig, von der gleichen Flügelseite. Fertig.

Selbstverständlich kann (und sollte) man auch hier erheblich mehr Aufwand betreiben. Man wählt das Material sorgfältiger und dicker aus, lässt es gut durchtrocknen und schnitzt es dann auf den gewünschten Durchmesser von etwa 1,5 - 2 cm. Darauf achten, dass das ehemals dickere Ende vorne bleibt. Also kennzeichnen. Die Spitze schnitzt man nicht einfach dran, sondern baut extra eine und setzt diese nein. Beim Dart bietet sich wegen der Größe sogar an, mit Vorschäften zu arbeiten. Man fertigt also die Dartschäfte so, das sie nicht nur hinten einen sauberen Konus für den Dorn im Schleuderholz haben, sondern auch einen erheblich größeren Konus vorne. Passend zu diesem Konus fertigt man dann eine Reihe von genau passenden Vorschäften, in die dann die verschiedenen Spitzen eingesetzt werden.

http://www.atlatl.com/images/photo4-l.jpg
http://www.zikia.org/images_1000px/542x291/toolst.jpg
http://www.sanybel.com/Web_Page_-_Atlatl_dart_head.jpg

Die Vorschäfte müssen so gut halten, das sie nicht während des Wurfvorgangs und des Fluges herausfallen. Aber sie können so beschaffen sein, das sie sich nach dem Aufreffen lösen. Das hat auch den Vorteil, das nicht der ganze Dart im Ziel steckt. Ein getötetes oder verwundetes Tier hat es dann schwerer ihn abzubrechen wenn es drauf fällt oder flüchtet.

Wie heißt es so schön, ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Ein Video ist noch besser. Das selbiges dann in englisch ist, macht gar nichts.

Auf die Schnelle:
Der Dart ist allerdings bisserl kurz und alles reichlich grob gearbeitet. Außerdem befiedert er das falsche Ende. Funktionieren tut’s aber trotzdem.
http://www.youtube.com/watch?v=EWNPHXlvVVc

Der hier arbeitet erheblich sauberer:
Benutzt aber andere Materialien (z.B. Rivercane als Dartschaft).
http://www.youtube.com/watch?v=nTatpBIdTmQ
http://www.youtube.com/watch?v=iD8z38Hzq8M&NR=1

http://www.youtube.com/watch?v=n_zkAdHrU_A
http://www.youtube.com/watch?v=6D5IbheeFdQ&NR=1
http://www.youtube.com/watch?v=LzDQmz9mqtc&NR=1

http://www.youtube.com/watch?v=Oq0P085Unpw&NR=1

Im Gegensatz zum Bogen, wo die Energie in den Wurfarmen gespeichert wird, wird beim Atlatl die Energie im Dart gespeichert. Durch die Masseträgheit biegt sich der Dart und speichert so die Energie. Kurz vor dem Verlassen des Schleuderholzes streckt sich der Dart und setzt diese Energie wieder frei. Er springt förmlich davon.

Hier sehr gut zu sehen:
Und zu Anfang auch, wie ein passender Vorschaft mit Spitze vor dem Wurf aufgesteckt wird.
http://www.youtube.com/watch?v=Ej3it7Ct76w

Hier noch ein paar Videos mit Atlatl in Aktion:
http://www.youtube.com/watch?v=DWdKW6c6uyU
http://www.youtube.com/watch?v=Ik6_bRSmPJk
http://www.youtube.com/watch?v=-VlOpwsj09c
http://www.youtube.com/watch?v=BGFuOgVG3js

Reale Jagd:
http://www.youtube.com/watch?v=jfMiA_7zaOk

MfG

Wizard


Anführer = Erster unter Gleichen, jemand der den Anderen als Vorbild DIENT, den Anderen also voran geht und nicht jemand der die Anderen voran peitscht.


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