1.
Alte Linde bei der heilgen Klamm,
Ehrfurchtsvoll betast ich deinen Stamm:
Karl den Großen hast du schon gesehen,
Wann der Größte kommt, wirst du noch stehen.
2.
Dreißig Ellen mißt dein grauer Saum,
Aller deutschen Lande ältster Baum!
Kriege, Hunger schautest, Seuchennot,
Neues Leben wieder, neuen Tod.
3.
Schon seit langer Zeit dein Stamm ist hohl,
Roß und Reiter bargest einst du wohl,[/size]
1925: Roß und Reiter barg er einstens wohl
Bis die Kluft dir deckte milde Hand,
1925: Bis die Kluft ihm deckte milde Hand
1960: Bis die Kluft dir sacht mit milder Hand
Breiten Reif um deine Stirne wand.
1925: Breiten Reif um seine Stirne wand.
4.
Bild und Buch nicht schildern deine Kron
Alle Aeste hast verloren schon
Bis zum letzten Paar, das mächtig zweigt,
Blätterfreudig in die Lüfte steigt.
5.
Alte Linde, die du alles weißt,
Teil uns gütig mit von deinem Geist,
Send ins Werden deinen Seherblick,
Künde Deutschlands und der Welt Geschick!
9.
Ernten schwinden, doch die Kriege nicht,
Und der Bruder gegen Bruder ficht;
Mit der Sens und Schaufel sich bewehrt,
Wenn verloren gingen Flint und Schwert.
29.
Dantes und Cervantes weicher Laut[/size]
1955: Dantes und Cervantes welsche Laut
1960: Dantes und Cervantes welscher Laut
Schon dem deutschen Kinde ist vertraut,
1955: Schon dem deutschen Kinde sind vertraut
Und am Tiber- wie am Ebrostrand
1955: Und am Tiber- und am Ebrostrand
Singt der braune Freund von Herrmanns Land.
1955: Liegt der braune Freund vom Herrmannsland
1960: Liegt der braune Freund von Herrmannsland
30.
Wenn der engelsgleiche Völkerhirt
Wie Antonius zum Wandrer wird,
Den Verirrten barfuß Predigt hält,
Neuer Frühling lacht der ganzen Welt.
31.
Alle Kirchen einig und vereint,
Einer Herde einzger Hirt erscheint.
Halbmond mählich weicht dem Kreuze ganz,
Schwarzes Land erstrahlt im Glaubensglanz.[/size]
1925: Heidenland erstrahlt im Glaubensglanz.
32.
Reiche Ernten schau ich jedes Jahr,
Weiser Männer eine große Schar,
Seuch und Kriegen ist die Welt entrückt:[/size]
1955: Seuchen, Kriege sind der Welt entrückt
Wer die Zeit erlebt, ist hochbeglückt.
33.
Dieses kündet deutschem Mann und Kind,
Leidend mit dem Land die alte Lind
Daß der Hochmut mach das Maß nicht voll,
Der Gerechte nicht verzweifeln soll.
Grüezi Taurec
Ich finde es sehr wichtig zu erwähnen, dass bei der Version
Traunsteiner Nachrichten vom 10. Dezember 1949
die Strophen 1-5, 9 und 29-33 fehlen. Da diese Version den Anspruch für sich erhebt, auf das Jahr 1850 zurück zu gehen (Fussnote: Im Besitz einer Passauer Familie seit über 100 Jahr), so wäre dies die mit Abstand älteste bekannte Version.
Da bietet sich der Umkehrschluss wohl an, dass die oben genannten 11 Strophen im Jahr 1920 zusätzlich dazugereimt wurden.
Gute Nacht
Sphere