Zu Gabriele Hoffmanns Euro-Vision (Schauungen & Prophezeiungen)

RichardS, Montag, 12.09.2011, 20:46 (vor 4822 Tagen) @ BBouvier (13035 Aufrufe)
bearbeitet von RichardS, Montag, 12.09.2011, 20:51

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"...Die Krise, sagt sie voraus, werde nach etwa drei Jahren erstmal überwunden sein - scheinbar. "Man wird sich in Sicherheit wiegen und denken, man sei nochmal mit einem blauen Auge davongekommen". Aber dann, so warnt sie, komme erst der richtige Crash. Auswirkungen der immensen Schulden, die die Staaten jetzt machen, um Konjunkturpakete zu schnüren? "Es sind Auswirkungen von Entscheidungen, die jetzt getroffen werden", bestätigt sie.

Und dann grübelt sie kurz und sagt etwas voraus, das - wie sie selbst findet - unlogisch klingt. "Es wird eine Abwertung des Geldes geben und zwar unterschiedlich, in den verschiedenen europäischen Ländern." Ein unterschiedlicher Geldwert bei ein und derselben Währung, dem Euro? "Ja". Sie sagt, sie findet diese Vision genauso unerklärlich wie die vom friedlichen Mauerfall, die sie in den 70ern hatte. Man wird sehen."

"Frau Hoffmann ist im übrigen Spezialistin für persönliche Schicksale und nicht für globale Angelegenheiten. Das, was manche Hellseher tun, wenn sie Erdbeben oder die Gewinnchancen einer Partei bei der nächsten Wahl hervorsagen, das mache und könne sie nicht. Das einzige Mal, wo ihr derartiges passiert sei, wäre Anfang der 70er Jahre gewesen. Damals sah sie Bilder von emotional aufgewühlten Menschen, die auf der Straße unterwegs waren und tanzten. So weissagte sie, dass zwischen 1986-1989 die Mauer in Deutschland fallen würde."

Ich habe sie irgendwann so Mitte der 80er Jahre
im Fernsehen gesehen, wie sie sagte, die Mauer fiele
friedlich und überraschend.
Und das Publikum amüsierte sich köstlich
über diesen offenbaren Unsinn.

Gruss,
BB

Hallo!

Gerade weil Gabriele Hoffmann mit ihrer Vision vom "friedlichen Mauerfall" richtig lag, sollte auch ihre Vorausage zur Zukunft des Euros ernst genommen werden. Und ich muss zugeben, dass sie - zumindest mir - einige Rätsel aufgibt, die von den wenigen bisherigen Diskussionsbeiträgen nicht angegangen, geschweige denn gelöst wurden.
Zunächst spricht Frau Hoffmann von einem "Crash", der erst der "richtige" sei und dann eintrete, wenn die Krise gemeinhin für überwunden angesehen (oder ausgegeben) werde. Für die Überwindung der Krise gibt sie einen Zeitraum von etwa 3 Jahren an, ob sie gleich danach oder erst in einem zeitlichen Abstand den "richtige Crash" stattfinden sieht, wird in obigem Text für mich im Übrigen nicht deutlich.
Auf die Frage, ob die Ursache des eigentlichen, noch kommenden Krachs in den Staatsverschuldungen zum Zwecke der Schnürung von Konjunkturpaketen liege, antwortet sie etwas sophistisch (ausweichend), der eigentliche Zusammenbruch sei die Auswirkung von "Entscheidungen, die jetzt getroffen werden". Da fallen mir unwillkürlich all die Vereinbarungen und Maßnahmen ein, die wesentlich seit 2010 unter dem Titel "Euro-Rettung" von den Euro-Staaten inklusive der EZB beschlossen und durchgeführt wurden (Bürgschaften, Kreditzusagen, Ankäufe fauler Staatsanleihen und anderen Wertpapierschrotts zur Entlastung der europäischen Finanzindustrie).
Diese meine Assoziation mag nun stimmen oder nicht. Feststeht jedenfalls, dass ein "Crash" dann stattfindet, wenn Kredite platzen, Schulden nicht mehr zurückgezahlt, Zahlungsversprechen im großen Maßstab nicht mehr eingelöst werden können - womit die Überschuldung von Privaten und / oder Staaten ihre hässliche Fratze nicht mehr verbergen kann und die vielen vielen Guthaben der Gläubiger auf deren Konten (in Form von Termingeldern, Anleihen, Renten- und anderen Versicherungsansprüchen - eben all die Vermögenswerte, die nichts anderes als Zahlungsversprechen sind) sich teilweise oder sogar ganz endgültig als Illusion erweisen. Was noch verschleuderbar ist, wird verschleudert, um zu Geld zu kommen, mit dem sich Kredite tilgen lassen, weshalb klar ist, dass auch die Kurse sog. Sachwerte wie Aktien kollabieren. Ich schreibe letzteres, um deutlich zu machen, dass bei einem Krach, der klamme, überschuldete Staaten mit einbegreift, das Krachen, also der Preisverfall (= die Entwertung) auch die angeblich sicheren Häfen tangieren und nicht auf die Aktienmärkte beschränkt sein wird.
Kurz: Ein "Crash" bedeutet nichts anderes als einen Preisverfall vieler Vermögenswerte. Und je vehementer der "Crash" ist, je mehr auch die vermeintlich sicheren Staaten als Schuldner ihre Probleme haben, umso mehr entwerten sich auch die Guthaben, die ein Sparer bei diesen stehen hat (direkt über Anleihen etc., indirekt über Versicherungen und Rentenansprüche usw.).
Hier stellt sich für mich die Frage, wie sich Gabriele Hoffmanns Rede "Es wird eine Abwertung des Geldes geben" verstehen lässt. Denn wenn die Preise zumindest der auf den Finanzmärkten gehandelten Vermögenswerte (womöglich auch die Werte der von Krediten abhängigen Immobilien) fallen, dann steigt im Gegenzug ja der Wert des Geldes. Man kann mit einer bestimmten Summe Geldes mehr als bisher kaufen, Geld wertet auf, "Cash is king". Der Begriff für dieses Szenario heißt Deflation, die zirkulierende Geldmenge schrumpft, Zahlungsversprechen auf der Schuldnerseite (= Forderungen auf der Gläubigerseite) werden eingestampft, es gibt keine Instanz, die einspringt und für die Schulden anderer, bankrotter Schuldner geradesteht (so wie jetzt noch).
Wie kann Gabrielle Hoffmann dennoch von einer "Abwertung des Geldes" bei einem "Crash" reden, der erst der "richtige" sein wird? Wogegen wird das Geld - also der Euro - abwerten? Die einzige Lösung, die mir einfällt und mir naheliegend erscheint: gegen den US-Dollar. Das mag kurios erscheinen, da die exzessive Schuldenmacherei der USA ja bekannt ist und Euro und US-Dollar, was die "Werthaltigkeit" dieser beider inflationierten Währungen angeht, sich die Hand reichen können. Aber auf eine andere Lösung komme ich nicht; was bedeuten würde, dass es sich bei dem von Frau Hoffmann gesehenen künftigen "Crash" um einen handeln müsste, der die Euro-Zone zumindest heftiger tangieren müsste als die Weltmacht USA.
Es könnte der Einwand kommen, dass es mit dem "Crash" ja auch zu einer Abwertung des Euro gegenüber Gold (und Silber) kommen könnte, Gabriele Hoffmanns Vision sich so auflösen ließe. Nun habe ich zwar wenig Zweifel daran, dass Gold gegen Euro im Zusammenhang eines solchen Szenarios an "Wert" steigen würde (und ich bitte, hier nicht darüber zu diskutieren, ob man, falls dies so sein sollte, das persönlich nun gut oder schlecht, moralisch oder politisch verwerflich oder nur folgerichtig hält), aber der Anstieg des "Goldpreises" in Euro (= die Entwertung des Euro im Vergleich zu Gold) wäre in meinen Augen nicht etwas, das gesondert erwähnt werden müsste als künftiges Ereignis im Zusammenhang mit einem "Crash", denn der Euro (wie auch der US-Dollar) werten gegenüber Gold (und Silber) ohnehin schon seit gut zehn Jahren ab. Höchstens das Ausmaß der Entwertung des Euro könnte höher, schneller geschehen. Von daher tendiere ich dazu, dass in Gabrielle Hoffmanns Vision nicht das Gold der Maßstab der Entwertung des Euro als Währung trotz "Crash" (= fallende Preise zumindest bei den Vermögenswerten (Guthaben)) ist.
Sollte sich der Euro gegenüber dem US-Dollar signifikant abwerten - so signifikant, dass das von Gabrielle Hoffmann wie damals der Fall der Berliner Mauer "gesehen" wird -, dann würden freilich auch alle möglichen Preise von Produkten, auf die ein Konsument angewiesen ist, steigen, seien es fertige Produkte, die von außerhalb des Euro-Raums importiert werden, seien es Rohstoffe, die inländische Produzenten für ihre Herstellung von außerhalb der Euro-Zone beziehen. Die Preisinflation von Gebrauchsgütern, insbesondere Lebensmitteln könnte also das Spiegelbild des abwertenden Euros abgeben. (Und die Preise auf den Weltmärkten werden zum großen Teil ja noch immer, wenn auch in abnehmenden Maß über den US-Dollar abgwickelt.)
Jetzt erst kommt für mich das Rätsel, das im zweiten Halbsatz von Gabrielle Hoffmanns Visions steckt: "Es wird eine Abwertung des Geldes geben und zwar unterschiedlich, in den verschiedenen europäischen Ländern." Das Geld, sprich: der Euro, wertet ab, aber in den verschiedenen europäischen Ländern unterschiedlich. Was einerseits bedeuten würde: der Euro bleibt bestehen (für eine gewisse Zeit jedenfalls noch), aber anders als uns unsere Euro-Rettungs-Politiker uns das momentan noch glauben machen wollen. Nur die Fassade, der Anschein einer gemeinsamen Währung, die als fixe Idee besonders auch in den Hirnen der deutschen politischen Klasse zirkuliert, bliebe nach dieser Vision erhalten - und erhielte als Zukunftsprognose für mich ihre Plausibilit dadurch, dass unsere Euro-Rettungs-Politiker ihre Ziele auf Teufel komm raus durchboxen und am Ende zumindest ihr Gesicht wahren wollen, indem sie so tun, als gäbe es bis zuletzt eine Währungsgemeinschaft auseinander driftender europäischer Staaten. Aber in der Sache käme es nach Gabrielle Hoffmanns Vision (zunächst zumindest) zu einem Auseinanderreißen der einen, gemeinsamen Euro-Währung. Ob es dann zwei oder drei oder gar mehr Euro-"Blöcke" geben wird, einen Nord-, Süd- oder gar Nord-, Nord-Mittel-, Mittel-Süd und Süd-Süd-Euro (bei Namensgebungen sind unsere Politiker unschlagbar, da will ich nicht konkurrieren) ist zweitrangig, der Vision von Gabriele Hoffmann nicht entnehmbar. Folgt man dieser Vision, dann wird es aber auf alle Fälle so etwas wie eine Währungsschlange geben (gab es vor der Einführung des Euro schon mal) und eine Festlegung des Wertverhältnisses zwischen den einzelnen Euro-Unterwährungen. Ein deutscher, österreichischer usw. Euro könnte dann beispielsweise 2,3 oder 4 griechische Euro "kaufen", ein spanischer und portugiesischer Euro vielleicht nur 1,5 bis 2 griechische Euro.

So in etwa.

Andere Lösungsmöglichkeiten?

Gruß
Richard


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