Opferlämmer (Freie Themen)
Hallo Detlef,
ich zitiere Wikipedia über Autopoiesis: Ursprung ist der Akt der Liebe bei der Paarung der Menschen – als Basis für die Sozialisation – und das Angewiesensein auf die Gruppenmitglieder, um als Einzelwesen zu überleben und um die Nachkommenschaft sowie deren Fortbestand zu sichern. Das heißt: Priorität hat immer die Gemeinschaft. Darin sehen M/V die Verpflichtung der Menschen zur Akzeptanz Anderer und zur Zusammenarbeit mit ihnen, um durch ihr Tun ihre Welt gemeinsam zu erkennen und darin existieren zu können.
Das und nichts anderes ist der ursprüngliche Kernthema dieser drei Hochreligionen. In allen ist die Gemeinde der Gläubigen, die füreinander einzustehen hat, ein Gegenpol zu der mittlerweile immer destruktiveren Welt ringsum.
Zur Vollkommenheit: Traditionell wird im Christentum und Judentum (beim Islam weiß ich nicht genug Bescheid) die Vollkommenheit des Menschen mit der Vollkommenheit des Opfertieres in Verbindung gebracht. So wie gesunde, gutgewachsene Lämmer geopfert werden (im Hinduismus klingt das auch an: nur Brahmanen konnten der Welt entsagen). Wenn in traditionellen Texten von der Vollkommenheit gesprochen wird, ist es die Angst, wie ein missratenes Lamm dem Opfer nicht würdig zu sein. Was macht für das Opfer unwürdig? Ein Schlachter würde sagen, ein krankes, verängstigtes und räudiges Tier taugt nur für Seife.
Wer alles richtig machen will, kann trotzdem scheitern. Religiöse Hybris macht ihre Träger kaputt.
Die angebliche Selbstoptimierung für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg ist eine protestantische Variante, die mit dem Beginn des Kapitalismus ins Spiel kommt, wie Max Weber postuliert hat. Zwar gibt es dieses Thema vorher auch schon, Hiob erhält am Ende alles an Wohlstand zurück, doch es gibt eine kleine Pointe im Text, erst nachdem sich seine Klage in Fürbitte für seine Freunde gewandelt hat.
Ehe es eine Predigt wird mache ich jetzt Schluss.
Grüsse Leseratte