@Franz (Freie Themen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Mittwoch, 29.08.2018, 05:34 (vor 2091 Tagen) @ Luzifer (2399 Aufrufe)
bearbeitet von Ulrich, Mittwoch, 29.08.2018, 05:39

Hallo Franz,

Der Ausgangspunkt wäre ein einfaches Gedankenexperiment. Ein quaderförmiger Raum, wobei eine Wand wird mit konstanter Leistung auf -100° C abgekühlt, die Gegenüberliegende aber mit genau derselben Leistung auf +100° C erwärmt wird.

verstehe ich Dich richtig: Falls ich mich auf dieses Dein Gedankenexperiment einlasse, habe ich nur die Wahl, mir entweder die Finger zu verbrennen oder kalte Füße zu bekommen ? :ohoh:

Die Frage ist nur ob es aus unserer Perspektive möglich ist, bereits die randlichen „Wände“ zu sehen, dh. die Frage ist, schlummert da Unendlichkeit links und rechts.

Für diesen Schluss-Satz hätte Dir Kurt Gödel auf die Schulter geklopft: Kein Modell ist das, was es darstellt. Das ist eine Binse! Eine zweiwertige Logik ist weder besser noch schlechter als eine mehrwertige Logik, außerdem muss letztere nicht er- oder gefunden werden, weil Jan Łukasiewicz bereits 1920 eine dreiwertige Logik formulierte und Gödel 1932 eine ganze Familie mehrwertiger Logiken, und weil es inzwischen in der Informatik selbstverständlich ist, eine mehrwertige Logik wie z.B. die Bayes-Logik oder die Fuzzy-Logik zu verwenden, sofern die Fragestellung dies erfordert.

Es richtet sich allein nach dem Bereich, über den "logische" Aussagen gemacht werden sollen, ob eine zwei- oder mehrwertige Logik geeigneter ist. Kann es sein, Du setzt "logische Aussagen", zumindest was die der zweiwertigen Logik angeht, mit "absolut wahren Aussagen" gleich, ohne den unumstößlichen "Gödelschen Unvollständigkeitssatz" zu bedenken, dass sie "nur" innerhalb des jeweiligen Systems wahr sind? Dann befändest Du Dich m.E. auf dem Holzweg:
"Wahr" in einer Logik ist nicht identisch mit "wahr" im religiösen/philosophischen Bereich, es sei denn, man erklärt die jeweilige Naturwissenschaft zum Religionsersatz, und tabuisiert die unausgesprochenen Axiome.

Neben den jeweiligen Grenzen der Aussage-Fähigkeit hat manch eine Logik aber auch Nebenwirkungen: Das berüchtigte Ziegenproblem ( https://de.wikipedia.org/wiki/Ziegenproblem ), in dem es um die korrekte Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Ereignisses mit zwei möglichen Zuständen geht, ist für jeden locker zu lösen, der mit der Bayes-Statistik vertraut ist. Der geniale Mathematiker Paul Erdős ließ sich von der richtigen Lösung jedoch erst nach einer Computersimulation überzeugen, nachdem er sie zuvor hartnäckig als falsch erklärte, weil sie nicht "seiner" Logik entsprach.


Meine Nörgelei an Burkhard Heim halte ich nach wie vor für berechtigt, aber sie wird ihm nicht gerecht (laut "meiner" mehrwertigen Logik): Er stand einerseits unter dem Druck, weil sein Investor endlich Ergebnisse sehen wollte, die er aber nicht vorweisen konnte und er fürchtete sich zu Recht vor "selbsterzeugter" Konkurrenz, hinsichtlich der von ihm erhofften Anwendungsmöglichkeiten in der Luftfahrt- und Rüstungsindustrie, wenn er vor einer praktischen Umsetzung seiner Theorien zu viel, zu klar, "zu früh" veröffentlicht. Verständlich.

Der Physiker und bekennende GWUP-Skeptiker Dr. Holm Gero Hümmler widmet Heim in seinem Buch "Relativer Quantenquark – Kann die moderne Physik die Esoterik belegen?" ein Kapitel auf den Seiten 147 - 153, wie zu erwarten abschlägig, außerdem gibt es von ihm den Mitschnitt eines 80minütigen Vortrages "Burkhard Heim – Zweiter Einstein oder ein Einzelgänger in der Sackgasse?": https://blog.gwup.net/2018/07/22/vortragsvideo-burkhard-heim-zweiter-einstein-oder-ein-einzelgaenger-in-der-sackgasse/

Ich stehe den Beurteilungen durch GWUP-Skeptiker grundsätzlich skeptisch gegenüber, weil für viele der GWUP-Mitglieder Skeptizismus eine Ersatz-Religion zu sein scheint.
Trotzdem eine Inhaltsangabe mit Zeitmarken zur Orientierung, wo m.E. Wesentliches gesagt wird, denn was sind schon 1 Stunde 20 Minuten, wenn dies geschätzte 16.273 Stunden Herumirren im Labyrinth der Heimschen Schriften ersparen könnte:

Nach einer Einleitung durch den Veranstalter geht es bei 3:33 los mit einer Selbstdarstellung Hümmlers;

ab 4:55 zur Person Burkhard Heim und Querverweise auf einige Befürworter seiner Theorien;

ab 12:20 eine kurze Biographie Heims;

ab 26:24 eine historische Darstellung der Entwicklung der phyikalischen Forschung: Newton Mechanik, Maxwell-Glg., Allgem. Relativitätstheorie, Bohrsches Atommodell, Quantenelektrodynamik, Elektroschwache Theorie, Quantenchromodynamik;

ab 32:12 eine zeitliche Einordnung der Forschungen Heims in die dargestellte historische Entwicklung der verschiedenen Theorien und Erläuterung des Umstandes, dass Heim, bedingt durch seinen Rückzug aus der Welt des Wissenschaftsbetriebes und mangelnden Austausch mit zeitgenössischen Physikern (beides verursacht durch seinen tragischen Unfall), schlicht die Weiter-Entwicklung der Physik verpasste (ab 34:30);

ab 36:30 Darstellung einiger Elemente der Heimschen Theorie und über den gescheiterten Versuch, eine negative Schwerkraft experimentell nachzuweisen;

ab 44:50 zum Thema "Massenformel der Elementarteilchen" mit dem wichtigen Hinweis, dass man durch Einführung von jeweils 4 "strukturellen Besetzungsziffern", von Heim andernorts auch "Konfigurationszonenparameter" genannt, deren Wert ohne beigefügte Begründung, Erklärung oder Regel als willkürlich gewählt gelten muss, sich jeder beliebige Wert für die jeweilige theoretische Masse errechnen lässt; ab 48:25 das KO-Argument für die Heimsche "Massenformel der Elementarteilchen": die Zahlen stammen aus den 70er-Jahren, ab 49:00 das kommentierte Bild, in dem die Nicht-Übereinstellung mit den aktuellen Massezahlen dargestellt wird, mit vernichtendem Ergebnis;

Ob Hümmlers Darstellung hinsichtlich der von Heim berechneten Werte korrekt ist, bezweifle ich, wenn ich sie mit der entsprechenden Formulierung in seinem Quantenquark-Buch vergleiche, außerdem steht sie im Widerspruch mit dem Inhalt der Schrift "Ausgewählte Ergebnisse" des Forschungskreises Heimsche Theorie, IGW Innsbruck, 2003 ( http://heim-theory.com/wp-content/uploads/2016/02/Ausgewaehlte_Ergebnisse.pdf ), soweit ich das als Laie beurteilen kann.

ab 50:50 die Richtigstellung, dass es sich bei der Heimschen Quantenfeldtheorie tatsächlich nicht um eine Quantenfeldtheorie handelt und die Behauptung, Heim habe "alle Kräfte der Natur vereinheitlicht" falsch ist;

ab 51:55 nochmals, zu Heims Entschuldigung, zum Thema seiner Isolation als forschender Physiker als Folge seines Unfalls, aber auch Kritik an Heims Hang zu Neologismen und willkürlich abweichender Verwendung von Fachbegriffen und Symbolen;

ab 53:35 zum Thema, dass Heim beharrlich noch in den 80er Jahren experimentelle Erkenntnisse der Physik aus dem Jahr 1969 als Irrtum erklärte, um von einer Behauptung (ein Proton habe keine Unterstruktur), die er als zwingende Folgerung seiner Theorie ansah, nicht abrücken zu müssen;

ab 56:12 Themenwechel zu Heims späten Schriften, und deren Vereinnahmung von Kommerz-Esoterikern wie "Dr." Dieter Broers [der seinen gekauften Titel inzwischen abgelegt hat, und auf seiner Netzseite endlich das "g" in Heims Vornamen gegen ein "k" austauschte], über Heims spekulative Schriften zu Themen wie etwa "Televariante Metroplexkombinate auf postmortalen Extinktionsdiskriminanten" oder "Integrierte Noogramme und Diaphanräume";

ab 1:07:16 eine abschließende Beurteilung, betitelt mit "Ein trauriges Fazit";

ab 1:09:10 Fragenbeantwortung.


In einem der Berichte ( https://www.northeim.de/fileadmin/_migrated/content_uploads/Jahrbuch2012_BurkhardHeim.pdf ) über die Bergung des Heimschen Nachlasses findet sich ein ominöser Satz von Holger-Detlef Klein (m.W. ein Physiker aus Hannover):
"Es wurde bereits angedeutet, dass ... die Hoffnung bestand, das auch der ... in der Schillerstr. 2 lagernde Nachlass geborgen werden könne. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht nur, sondern es wurden so viele Dokumente gefunden, dass die Heimsche Theorie jetzt zumindest teilweise in einem neuen Licht erscheint."

Welche Färbung dieses Licht hat, dazu sagt Klein kein Wort. Trotzdem würde ich mich an ihn halten, wenn ich Fragen hätte.

Gruß
Ulrich


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