Wohin die Macht geht (Freie Themen)

Ranma, Samstag, 01.09.2018, 04:48 (vor 2088 Tagen) @ schwelmi (2233 Aufrufe)

Hallo!

Mir fällt gerade auf, meinen Satz „Dadurch beginnt dann die Umverteilung der Macht.“ könnte man vielleicht so verstehen, daß jetzt schon jemand unsere Regierenden durch Computerprogramme ersetzen wollte. Obwohl ich das schon jetzt für eine Verbesserung hielte oder zumindest keine Verschlechterung, hat das zunächst noch niemand vor.

Erstmal werden nur ein paar pseudophilosophische Fragen gestellt. Eine bekannte solche ist: Wenn das autonome Automobil einen Unfall nicht vermeiden kann und dann vor der Wahl steht, ein Kind oder einen Tattergreis zu überfahren, welches Opfer wird es wählen? Die Frage ist pseudophilosophisch, weil die Antwort längst feststeht: Das autonome Automobil wird rein garnichts selbst entscheiden, sondern stur seinen Algorithmus abarbeiten. Es wird also das machen, was Menschen für diesen Fall als richtig festgelegt haben. Es gibt nur zwei Unterschiede zu einem menschlichem Fahrer: Das autonome Automobil wird immer richtig reagieren. Und es kann viel schneller reagieren und daher mehr Unfälle verhindern. Das führt dann zu der nächsten Frage, ob man die heutige rechtliche Situation, daß ein menschlicher Fahrer bei einem autonomen Automobil eingreifen können muß, nicht viel eher umkehren sollte?

Durch moralischen Druck werden dann mehr und mehr Bereiche von Computerprogrammen übernommen. Zum Beispiel ist die Justiz heute überlastet. Das ist zum Teil auf die Kürzungen zurückzuführen, die vorgenommen wurden, um der Schwarzen Null zu huldigen. Zum Teil ist es jedoch auch ein Big-Data-Problem. Viele Menschen verstehen unter Big Data, daß Google Nutzerdaten abfragt, um damit Werbung zu personalisieren. Das ist aber nicht die Definition von Big Data. Ein Big-Data-Problem liegt dann vor, wenn der Umfang zu verarbeitender Daten über das hinausgeht, was Menschen zu leisten imstande sind. Am Beispiel der Justiz: Durch immer mehr erlaubte Überwachungsmaßnahmen wurde eine solche Datenflut erzeugt, daß bereits die bloße Sichtung aller Daten, um zu entscheiden welche für Strafprozesse relevant sind, nicht mehr innerhalb der Lebenszeit der Justizbeamten zu bewerkstelligen ist. Im Moment widmet man sich dem Problem in der Form, daß viel Beweismaterial und damit das Problem einfach ignoriert wird. Man wird bald jeden Gerichtsprozeß (teuerer Anwalt vorausgesetzt) in der Revision (zweite Instanz) gewinnen können, indem man behauptet, daß das entlastende Material durch zu selektive Auswahl unter den Tisch gefallen ist. Mögliche Abhilfen wären die Verarbeitung der vorliegenden Daten durch entsprechende Computerprogramme oder eine Reform hin zu einer sinnvollen Gesetzeslage. Letzteres wird keinesfalls geschehen.

Während Computerprogramme Menschen aus immer mehr Bereichen verdrängen, verschwindet mit denen zusammen auch die Korruption. Wo keine Vorteilsnahmen und keine Vorteilsgewährungen mehr möglich sind, da verschwindet der Mißbrauch der Macht. Nach dem Mißbrauch der Macht wird auch die Macht verschwinden, weil die Möglichkeit des Mißbrauchs Macht ausmacht. Niemand findet Mächtige dann problematisch, wenn diese ihre Macht garantiert niemals mißbrauchen. Für typische Machtmenschen werden die bisherigen Machtpositionen dann uninteressant.

Macht wird also nicht von einer Seite auf eine andere Seite übertragen, sondern sie verschwindet ganz, weil Roboter alle Menschen gleich behandeln.

Gruß,
Ranma


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