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Spengler und Präkognition (Freie Themen)

Taurec ⌂, München, Dienstag, 12.10.2021, 20:50 (vor 1138 Tagen) @ Leseratte (1776 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Dienstag, 12.10.2021, 21:04

Hallo!

Entscheidend aber ist, dass diese Bilder Spengler insofern diametral widersprechen, weil sie von einem rapiden und vorzeitigen Ende des Kulturverlaufs ausgehen, so wie Ödön von Horváth im besten Alter (gut, das hat der Westen längst nicht mehr) dummerweise in Paris von einem Alleebaum erschlagen wurde.

Ja, eben. Spengler "extrapoliert" auf genialische Weise querdenkend den Geschichtsverlauf. Er konnte die Stockwerke und Zimmer eines Hauses vorausahnen, schlicht augrund der Beobachtung des laufenden Baus und des Vergleiches mit bereits fertigen Häusern. Auf diese Weise kam er zu seinen "Umrissen einer Morphologie der Weltgeschichte". Was er hingegen nicht vorausehen konnte (wie denn auch, wenn man nicht massivst präkognitiv begabt ist?), ist die jeweilige Einrichtung der noch zu errichtenden Zimmer, deren künftige Funktion im Gesamtbau und Zuschnitt ihm aber bekannt waren.
Das heißt: Wie wir uns in den kommenden Zeiten einrichten, welches "Aussehen" die Zukunft annimmt, ist nicht vorausbestimmbar und möglicherweise innerhalb des besagten Rahmens auch tatsächlich (noch) nicht vorbestimmt. (= Freiheit innerhalb Leitplanken)

Denkbar sind abgesehen davon aber auch abrupt und vorzeitig beendete Verläufe, indem etwas Unberechenbares von außen massiv schädigend eintritt, das mit dem organischen Verlauf des Zyklus nicht zusammenhängt. Spengler nennt hier selbst die auf ihrem Höhepunkte (oder nicht lange danach) durch die Conquistadores vernichtete mittelamerikanische Kultur (oder war es bereits Zivilisation?) als das "einzige Beispiel für einen gewaltsamen Tod. Sie verkümmerte nicht, sie wurde nicht unterdrückt oder gehemmt, sondern in der vollen Pracht ihrer Entfaltung gemordet, zerstört wie eine Sonnenblume, der ein Vorübergehender den Kopf abschlägt. Alle diese Staaten, darunter eine Weltmacht und mehr als ein Staatenbund, deren Größe und Mittel denen der griechisch-römischen Staaten zur Zeit Hannibals weit überlegen waren, mit ihrer gesamten hohen Politik, mit sorgfältig geordnetem Finanzwesen, hochentwickelter Gesetzgebung, mit Verwaltungsgedanken und wirtschaftlichen Gewohnheiten, wie sie die Minister Karls V. nie begriffen hätten, mit reichen Literaturen in mehreren Sprachen, einer durchgeistigten und vornehmen Gesellschaft in großen Städten, wie das Abendland damals keine einzige aufzuweisen hatte – das alles wurde nicht etwa durch einen verzweifelten Krieg gebrochen, sondern durch eine Handvoll Banditen in wenigen Jahren so vollständig vertilgt, daß die Reste der Bevölkerung bald nicht einmal eine Erinnerung bewahrten. Von der Riesenstadt Tenochtitlan blieb kein Stein über dem Boden, in den Urwäldern von Yukatan liegen die Großstädte der Mayareiche dicht beieinander und fallen rasch der Vegetation zum Opfer. Wir wissen von keiner einzigen, wie sie hieß. Von der Literatur sind drei Bücher übriggeblieben, die niemand lesen kann.
Das Furchtbarste an diesem Schauspiel ist, daß es nicht einmal zu den Notwendigkeiten der abendländischen Kultur gehörte. Es war eine Privatsache von Abenteurern, und niemand in Deutschland, England und Frankreich hat damals geahnt, was hier vor sich ging."

Mit dem, was auf diese Sätze folgt, irrt Spengler womöglich aber:
"Wenn irgendwo auf Erden, so wurde hier gezeigt, daß es keinen Sinn in der Menschengeschichte, daß es nur eine tiefe Bedeutung in den Lebensläufen der einzelnen Kulturen gibt. Ihre Beziehungen untereinander sind ohne Bedeutung und zufällig."
Was er hier (noch – in seinem unvollendeten Spätwerk anscheinend schon nicht mehr) ausblendet, ist eine denkbare höhere Einheit des Menschengeschlechts, das über alle Kulturen und für uns scheinbar geschichtslosen Zeiten hinweg eine Entwicklung durchmacht, so daß sie alle doch irgendwie zusammenhängen.

Wenn man darüber hinaus nicht ausblendet, daß es neben dem schicksalhaft gesetzmäßigen Verlauf der hohen Kulturen hinieden außerdem eine Herkunft und Einbettung der Menschheit in spirituellen jenseitigen Sphären gibt, von wo aus die Welt, in der wir inkarniert sind, vielleicht derart geschaffen ist, daß sie mittels scheinbar zufälliger Eingriffe einer Teleologie folgt, dann wäre es durchaus denkbar, daß ein Eingriff mittels äußerer Katastrophen unsere Zivilisation (oder einen daraus hervorgehenden Zustand) auf ähnliche Weise beendet wie die Spanier die mittelamerikanische Zivilisation, aber nicht zufällig ist. Und wenn desgleichen irgendwann eintritt und nicht zufällig ist, dann kann es grundsätzlich auch gesehen werden, weil es als künftige Wegmarke bereits feststeht.

Gibt es paranormale Schauungen (die Untergangsprophezeiungen der Inkas und Atzteken waren eine Ausnahme: Es waren wohl astrologische Berechnungen) Schauungen, die bislang sich bestätigt haben, und wenn ja, welche. Und dann, was könnten wir daraus lernen?

Das ist die Frage. Sind die Schauungen verläßlich? Zeigen sie die (wenn auch nur eine bis zur Unkenntlichkeit verzerrte?) echte Zukunft oder sind sie Hirngespinnste, die sich aus abgeirrten menschlichen Vorstellungswelten speisen?

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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