Das Relativierungs-Schlagwort (Schauungen & Prophezeiungen)

IFan, Montag, 21.07.2025, 23:33 (vor 137 Tagen) @ Ulrich (1163 Aufrufe)

Hallo Ulrich,

stellen wir einmal "Relativierung" der "Absolutsetzung" gegenüber.

"die Benennung eines strukturellen, fundamentalen, globalen, kurzum: eines 'generellen' Phänomens als 'Generalisierung' abzutun, ist m.E. Rhetorik aus der untersten Schublade."

Das würde ich jetzt einmal als Absolutsetzung sehen, also der Abschnitt "Benennung eines strukturellen, fundamentalen, globalen, kurzum: eines 'generellen' Phänomens"

Was hätte das denn für Konsequenzen?

Es wird zuerst absolut gesetzt, dass die Kirche insgesamt schlecht ist ("fundamentalen, globalen"). Das wird als Problem dargestellt (was es auch wäre, wenn die Darstellung richtig wäre). Das Bestreben von Menschen geht dahin, Probleme abzustellen. Das wird nun als Vehikel genutzt, um eine Agenda in Gang zu setzen. Wenn irgendetwas äußerlich und innerlich verrottet ist, bleibt eigentlich nur, es insgesamt zu vernichten. Die Kirche müsste also vernichtet werden. Wie kann man etwas wie die Kirche vernichten? Die materiellen Dinge sind kein Problem; Kirchengebäude kann man abreißen, sakrale Gegenstände stehlen, deponieren. Bleiben die Menschen. Die müsste man also internieren - um es bei einer harmlosen Variante zu lassen. Etc..

Irgendwie bin ich mit dieser Variante nicht einverstanden; erinnert mich auch ein bisschen an Geschichte.

Nun einmal zur Relativierung.

Wenn Relativierung "ins Verhältnis setzen" bedeutet, heißt das in unserem Falle, dialektisch auch die Gegenseite zu sehen. Ja, es gab (und gibt vermutlich) missbrauchende Priester. Wie hoch ist denn deren Anteil? Ich würde sagen, noch nicht einmal im Promillebereich, wahrscheinlich deutlich darunter. Deren Schädlichkeit ist allerdings überproportional, weil sie nicht gestoppt wurden. Sollte man wegen einer Schadstelle an einem Körper (Gegenstand) gleich den ganzen Körper vernichten? Das erinnert mich an den Millionär, der seinen Jaguar verschrotten lässt, weil der Aschenbecher voll ist.

"Du favorisierst also Relativierung statt 'Generalisierung'?"

Ja. Vor allem in diesem Falle.

Die Rhetorik scheint irgendwie aus einem Buch zu kommen wie "Parolen für den Klassenkampf von Heinrich Rödel, ML Verlag Leipzig, 3. Auflage 1954" oder so (bitte nicht googeln, das war ein Phantasiename).

Vielleicht solltest Du einmal "Die Revolution entlässt ihre Kinder" von Wolfgang Leonhard lesen. Die Leute dort haben nicht nur Schrecken verbreitet, sie hatten auch voreinander Angst. Als ein Lehrer sich im Unterricht versprach und sagte, "wenn die ihre Sowjetschnauze in unseren Schweinegarten stecken" statt umgekehrt, wurde er bleich. Zu Recht, denn kurz darauf wurde er verhaftet und verschwand.

Es ist an sich ja nicht schlecht, wenn man sich mit Literatur, auch kritischer, beschäftigt, nur sollte man sich davon nicht übermannen lassen. Rupert Lay schrieb, "Lesen Sie regelmäßig Bücher und Zeitschriften, die Ihrer Meinung widersprechen. Nehmen Sie das Geschriebene ernst." (In "Führen durch das Wort", glaube ich (gutes Buch) oder "Dialektik für Manager" (nicht so ansprechend).) Jesus kannte ja auch die Teufel und ihre Strategien; er ist nur nicht auf ihren Zug aufgestiegen.

"Nebenbei: Mir ist nicht bekannt, dass auch Sportvereine, die Grünen, Engländer, Deutsche in Konkurrenz zum Katholizismus das Monopol der Zuständigkeit für das Seelenheil für sich in Anspruch nehmen. Insofern ein Scheiß-Vergleich."

Du lenkst vom Thema ab. Das war Missbrauch.

"Hätte eher erwartet, dass Dir zu Weimanns 'Katechismus-Paradoxon' etwas einfällt, denn darum ging es mir."

Mal sehen, vielleicht mache ich das noch. Wäre aber ziemlich aufwändig, sodass das Preis-Leistungs-Verhältnis ungünstig ist.


Gruß, IFan


Gesamter Strang: