"Ausnahmen"? Vielleicht stimmt Dein Erklärungsmodell nicht? (Schauungen & Prophezeiungen)

RichardS, Dienstag, 08.01.2013, 17:18 (vor 4335 Tagen) @ rauhnacht (6089 Aufrufe)
bearbeitet von RichardS, Dienstag, 08.01.2013, 17:24

Hallo Rauhnacht!

Du sprichst sehr viele Dinge an, zudem werden Dir manche Annahmen, von denen Du in Deinen weiterführenden Argumentationen ausgehst, zu Gewissheiten (im Glauben, bei aller sonstigen Differenz seien diese Gewissheiten auch für andere Schreiber hier Gewissheiten), weshalb es - jedenfalls für mich - nicht einfach ist, dies alles zu entknäueln. Zumal Du heute noch etliche weitere Beiträge in diesem Diskussionsfaden schriebst.

Darum beschränke ich mich auf Weniges - und dies Wenige auch nur auf den Beitrag bezogen, an dem ich mich mit Folgendem dranhänge:

1. Du interpretierst das, was NeuOrest, Ulrich und ich zuletzt gedanklich nahezubringen versuchten, als eine (von uns behauptete) "Gesetzlichkeit". Das ist mir von Dir viel zu kategorisch gedacht. Und ich weiß auch nicht, woher Du dies hast, aus welchen Worten und Überlegungen Du ableitest, dass die Erklärungsversuche von NeuOrest, Ulrich und mir, an denen Du herumknabberst, irgendeine "Gesetzlichkeit" postulieren wollten (im Sinne, stets müsse es so und nicht anders sein). Weil Du direkt auf mich Bezug nimmst:

"Ich verweise hier auch nochmal auf Richards Darlegung,wo er zurecht daraufhin weist, dass sollte dies so sein,eine Schau im vorab nicht beurteilt werden kann.Das heißt,man weiß dann noch viel weniger als ohne diese Gesetzlichkeit, welcher Teil einer Schau stimmen könnte und welcher gar keine Schau ist."

Ich bezog mich auf die Bauarbeiter-Geschichte von BB. Die dieser schilderte als einen ein (Sonder)Problem aufwerfenden Ausnahme-Fall bei der Beurteilung der Validität präkognitiver Wahrnehmungen. Ich versuchte darzulegen, dass das, was bei der Traumschau des Bauarbeiters unbestreitbar als falsch erkennbar wurde (weil das Ereignis, auf das sich die Traumschau bezog, sich bereits realisiert hat, also nicht mehr in der - ungewissen - Zukunft liegt!), möglicherweise so selten gar nicht ist - und zwar, kurz gefasst, mit dem Argument, dass die Ankoppelung des falschen Inhalts an den validen Inhalts der Traumschau sich einem Wahrnehmungs"mechanismus" verdanken könnte, der nur allzu menschlich ist, jedem Menschen aus eigener Erfahrung vertraut und darum häufiger als gedacht (oder gewünscht) auch bei präkognitivem Wahrnehmen wirken könnte. Ich endete mit dem Gedanken, dass - wie der Fall des Bauarbeiters deutlich zeige - Vorsicht gegenüber präkognitiven Wahrnehmungen selbst dann praktiziert werden müsse, wenn solche präkognitive Wahrnehmungen Anhaltspunkte für die eigene Validität liefern und in ihren einzelnen Bestandteilen / Schrittabfolgen in sich völlig widerspruchsfrei daherkommen. Dass gerade der für den Polier ganz praktisch so relevante Schluss der Bauarbeiter-Traumschau sich als eine falsche, in die Irre führende Ergänzung des richtigen Beginns eines realen vorab gesehenen Geschehens erwies, unterstreicht die von mir behauptete Notwendigkeit zur Vorsicht selbst bei plausibel und in sich überzeugend Erscheinendem. Aber ich behauptete nicht, dass Schauungen grundsätzlich dem Muster der Bauarbeiter-Traumschau folgen müssten, ich behauptete also keine "Gesetzmäßigkeit". Was ich aber behaupte, das ist, dass die Denk- und Wahrnehmungsprozesse, die ich für die Erklärung des falschen Endes der Bauarbeiter-Traumschau vermute, in der Tat einer "Gesetzmäßigkeit" unterliegen, und dass sich denen außerdem wohl kaum ein Mensch stets entziehen kann. Woraus ich folgerte, dass in präkognitiven Wahrnehmungen das Phänomen der Bauerarbeiter-Traumschau vermutlich häufiger anzutreffen sei. Und dass wir hier im Forum nur deshalb über dieses Phänomen nicht öfter stolpern, weil wir uns meist mit Schauungen befassen, die - anders als die Straßenbahngeschichte des BB-Sohns oder die Bauarbeitergeschichte - eben noch in der Zukunft liegen, also noch nicht sich realisiert haben und darum von uns auch nicht quasi rückwärtsgewandt in ihre Einzelbestandteile und Unschärfeanteile zerlegt und analysiert werden können. Nur von daher kann sich der Kinderglaube auch in unserem Forum hartnäckig halten, "echte" Schauungen wären nur dann (!) "echt", wenn sie quasi hundertprozentig, in all ihren Teilen "echt" sind. Die Straßenbahngeschichte und die Bauarbeitergeschichte sollten wir darum als Glücksfall betrachten und nicht darüber jammern und sie in irgendeine Schmuddelecke zu verdrängen versuchen - denn sie kann uns vor Irrtümern bewahren und unseren Blick öffnen, worauf wir gesondert und zusätzlich achten müssen, um nicht aufs Glatteis geführt zu werden bzw. um nicht selbst uns aufs Glatteis zu führen. Warum muss trotzallem aus der Straßenbahngeschichte und der Bauarbeitergeschichte keine "Gesetzmäßigkeit" abgeleitet werden? Ich versuche es durch eine Analogie zu erklären: So wie wohl jeder von uns sich irrt, täuscht, Fehlschlüsse zieht usw., der eine mehr als manch anderer, so gelingt es manchem aus dem Menschengeschlecht im Laufe seines Lebens ja doch gelegentlich, in seiner Wahrnehmung und Beobachtung von etwas bis zum Ende wach und aufmerksam zu bleiben und über Gegenstände dieser Welt auch "richtige" Beobachtungen zu machen und "erhellende" Gedanken und Überlegungen für sich und andere zu erarbeiten. Es gibt ja durchaus "richtiges" Beobachten und Denken und es gibt auf der anderen Seite nicht nur blödes Glotzen und Stieren und Strotzdummes, sondern alle möglichen Schattierungen über ein breites Spektrum. Warum sollte es in der präkognitiven Wahrnehmung anders sein als in den sonstigen Wahrnehmungen des Menschen? Macht etwa die Tatsache, dass hier ein Mensch etwas nicht in seiner Gegenwart wahrnimmt sondern aus einer künftigen Welt, seine Wahrnehmung zu etwa Reinem? Das Unsaubere, Bruchstückhafte, Selektive, Fokussierte und Verzerrte - das soll es bei Wahrnehmungen, die präkognitiv sind, nicht geben - obwohl solche Wahrnehmungen, unsauber gesprochen, doch beileibe nicht einfacher sind? Sind die "Empfänger" der präkognitiven Wahrnehmungen in ihrem Alltagsleben nicht vermutlich dieselben Menschen wie Du und ich - auch in ihren nicht-präkognitiven Wahrnehmungen? Aber kaum sind sie präkognitiv, sind sie plötzlich ganz anders? Und die "Sender", falls man sich diese denn in irgendeiner Weise personifiziert vorstellen möchte oder soll - ein dunkles Kapitel für sich - ich bin kein Freund diesbezüglicher Spekulationen - und zumindest ich halte es ebenso für möglich (und mir ist die Vorstellung sogar näher), dass ohne Zutun irgendwelcher Dritt-Wesen es Sprünge, Schnittstellen gibt, in denen sich eine Verbindung zwischen dem "Empfänger" und dem künftigen Ereignisablauf herstellt - aber egal: Falls (!) es diese Dritt-Wesen als Akteure gibt, ob "Wesenheiten", "Engel", feinstoffliche Geister, Überbleibsel Verstorbener, Quäl- und Foppgeister oder anderes herumwesendes Gewimmel - dann glaubst Du, dass dieser Vielfalt von "Sendern" vorbehaltlos Vertrauen entgegengebracht werden darf - was deren Fähigkeiten wie Absichten betrifft? Liegen da nicht allerorts Fallstricke zuhauf - bei den "Empfängern" wie bei den "Sendern" und vielleicht sogar auf dem Informationsweg zwischen ihnen? Wenn Du schon eine "Gesetzmäßigkeit" postulieren möchtest, dann die, dass das, was Du ansonsten in der Welt beobachten kannst, doch wohl auch bei Schauungen akzeptieren musst - und wer damit emotional oder gedanklich nicht zurechtkommt, der hat womöglich ein pseudoreligiöses Verhältnis zu Schauungen und deren Wahrheitsgehalt (weil er präkognitives Wahrnehmen nicht zuallerst als eine menschliche Wahrnehmung nimmt). Menschliche Wahrnehmung ist nun mal menschlich (= "unzulänglich"), ohne dass wir deshalb schon das Kind mit dem Bade ausschütten und behaupten dürften / müssten, der Mensch nehme nicht wahr. NeuOrest bringt doch genug Beispiele, nimm nur seinen Verweis auf die Qualität von Augenzeugenberichten, selbst wenn kein unmittelbares praktisches Interesse für die Differenzen verantwortlich ist.

2. Zu: "... sollte dies so sein,eine Schau im vorab nicht beurteilt werden kann."

Auch hier bitte nicht zu kategorisch sein. Nimm z. B. eine Schau, in der, als noch niemand mit der Rede über Moskowiter / Bolschewiken hätte etwas anfangen können, schon von deren Ideologie und ihrem Wirken im Zusammenhang mit einem Paris der Zukunft die Rede ist, dann halte ich so etwas für sehr erstaunlich und für ein starkes Indiz, dass das Ereignis, das in der Schau behauptet wird, in einem künftigen Paris sich auch realisieren wird. Oder nimm die Rede einer holländischen Seherin, "Brüssel" werde nicht mehr funktionieren, zu einer Zeit, in der sich keiner unter "Brüssel" anderes vorstellen konnte als die belgische Hauptstadt. Ebenso bei in Schauungen geschilderten Naturkatastrophen: Wenn dort teilweise Phänomene geschildert werden, die erst heute, viele Jahre nach solchen Schauungen, sich erklären lassen - die zum Zeitpunkt der Schau dagegen nur als etwas Wunderliches, Furchterregendes, aber Unerklärliches dastanden -, dann spricht das für die damalige Wahrnehmung als "echte" Präkognition - selbst für den Fall, dass sie in einem religiösen oder sonstwie gefärbten Gewand daher kam, also - um mit Dir zu sprechen - nicht in allen Teilen hundertprozentig, quasi 1:1 uns das präsentiert, was wir oder unsere Nachkommen erleben werden. Was schließen wir daraus: Es gibt durchaus Möglichkeiten, und die genannten Beispiele sind nicht mehr als Beispiele, in dem Sammelsurium uns bekannter Schauungen jene mühsam herauszufiltern, die nicht völlig in der Luft hängen (von bloßen, nachweisbaren Fälschungen mal ganz abgesehen), die vielmehr Indizien dafür liefern, dass in ihnen Werthaltiges stecken könnte. Aber das heißt eben (falls man es sich antun will): Arbeit, Arbeit, Arbeit. Arbeit, die getan werden muss, gerade weil auch unter den "echten" Schauungen die wenigstens 1:1 sind, oder anders gesagt: weil gerade die 1:1-Schauungen, falls es die überhaupt geben sollte, höchstens Ausnahmen sein dürften. Das ganze Hin- und Her-Geschreibe und Ventiliere in diesem Forum erübrigte sich doch sonst, das Forum hätte, wäre es andersherum, höchstens Sinn als Quasi-Gottesdienst, in welchem die vom Himmel fallenden Schauungen gemeinsam konsumiert werden.

Gruß, Richard

PS: Nimm eine Goldmünze: Es gibt welche mit einem Feingehalt von 999/1000. Selbst da ist nicht alles Gold... Und der Krügerrand hat einen hohen Kupferanteil, ist deshalb so rötlich-braun, wird (im Westen, nicht in Asien) trotzdem als "echte" Goldmünze ver- und gekauft. Dito Sterlingsilber ... echtes Silber und nicht für die "Tonne" ...

PPS: In einem anderen Beitrag schreibst Du heute: "Daher machte ich mir erst dann, als ich ein eigenes konkretes Erleben hatte ,welches eindeutig abwich, weitere Gedanken zu meinem Erklärungsmodell." Ja, so sollte es sein => Das als unzureichend sich erweisende Erklärungsmodell erweitern, es ändern!


Gesamter Strang: