Hallo,
Wie würdest Du jenen "Freiraum" der eigenen Entscheidungen gegenüber anscheinend schon determinierten/geschauten Ereignissen, etwas konkreter in Bezug setzen bzw. deuten?
Der Kardinalfehler, den wohl die meisten machen, besteht darin, keine Kenntnis der natürlichen Gesetze (nicht= Naturgesetze) zu haben und daher nicht zwischen ausweichlichen und unausweichlichen Dingen unterscheiden zu können. Ausweichlich ist meiner Meinung nach das, was der allgemeine Konsens unter "Naturgesetz", vom Gravitationsgesetz über die Kinematik, die Optik, die E-Lehre bis hin zur Quantenmechanik, versteht. Zu den Gesetzmäßigkeiten der Physik lassen sich dann auch jene der Astronomie, Chemie, Biologie, Biochemie, Gentechnik, Meteorologie, Ökologie etc. hinzuzählen. (Auch die Psychologie zählt dazu, mit der hat es aber eine besondere Bewandtnis, deren Möglichkeiten ich als überaus finster betrachte.)
Doch gibt es auch die seit Urzeiten unausweichlichen Dinge, archetypische Gesetzmäßigkeiten, die sich in Mythen, Märchen, Sagen und Legenden niederschlagen, wie z.B. das Problem des unerwünschten Nachfolgers. Von Uranos bis Kronos haben die Titanen ihre eigene Nachkommenschaft nach Askaban geschickt oder schlicht gefressen, weil der Altherrscher seine Herrschaft nicht abgeben wollte, obwohl der Lauf der Welt es so will. Der Versuch dessen Verhinderung führte auf Menschenebene beispielsweise zum allseits bekannten Ödipus-Paradoxon, welches das Sinnbild der Unausweichlichkeit der Dynamik darstellt, dass die Ablösung zwangsläufig zu erfolgen hat, wenn eine Generation oder ein System sich im Stadium des Verfalls befindet.
Unheil droht bei Auflehnung oder gar Manipulation gegen die natürliche Ordnung - im Falle der Nachfolge, eine Herrschaft durch unlautere Mittel über ihre Zeit hinaus auszudehnen, aber auch umgekehrt eine Ablösung zur Unzeit zu erzwingen. Die verhängnisvollen Kausalitätsschleifen, die sich durch die Ausweichversuche erst ergeben, offenbaren diese als eitle Unterfangen.
Durch Schauung/Traum verhindertes Ungemach wie bei der Straßenbahnschau fällt jedoch in eine völlig andere Kategorie. Natürlich ist es einem freien Menschen mit freiem Willen unbenommen, Unerfreuliches abzuwenden, wenn er davor gewarnt wird. Nur weil im Zeitplan eines Mörders ein Attentat vorgesehen ist, heißt das nicht, dass es nicht vereitelt werden kann. Die Entscheidung, an wem der Kelch vorübergeht und an wem nicht, wird aber nicht in der fundamentalen Welt, sondern dort getroffen, wo man sich selbst beim Schlafwandeln erwischt.
LG,
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