Hallo Detlef,
und auf deine "warum sollte ich..." frage: ich verlange nicht, dass du die "physisch" oder "physikalisch" nennst.
mir ging es darum, dass du sie nicht "psychisch" oder "seelisch" nennst. (denn das impliziert in meinen augen eine gewisse eigenleistung. diese eigenleistung rechne ich bei "echten" schauungen zur interpretationsphase, also "nach" der schauung an sich)
dies halte ich für den Kern allens unseres Aneinandervorbeiredens, und es ist mehr als nur eine Frage des Konsens, ob man die gleichen Definitionen für die Begriffe verwendet:
Wir wissen, dass es bislang noch nicht gelungen ist, den Inhalt von Schauungen ohne "die Psyche, die sich eines Gehirns bedient", zu empfangen.
Heisst, mit technischen Geräten oder einem Gehirn in der Petrischale oder an Elektroden funktionierts nicht.
Wenn Dir das Wort "Psyche" nicht gefällt, nenn es anders, aber inhaltlich stimmen wir überein, nehme ich an.
Und jetzt kommt der Knackpunkt: Den Vorgang des Empfangs, also das, was einer visuellen Wahrnehmung auf physischer Ebene mittels der Augen beim Sehen entsprechen würde, diesen Vorgang möchtest Du nicht "psychisch" nennen, weil der Begriff für Dich eine Eigenleistung durch einen Interpreten impliziert.
Für mich klingt das nach Selbstbetrug, denn wenn ich die physische Analogie des Sehens, die für jeden reproduzierbar und nachvollziehbar ist, als Analogie nehme, stellt sich das so dar: Wenn ich Dir einen bestimmten Ausschnitt eines Film zeige und Du den Inhalt des Films einem Dritten berichtest, damit dieser in der Lage ist, den Ausschnitt beim Sehen des gesamten Films wiederzuerkennen, dann hilft es wenig, wenn Du ihm erzählst, was Dir zu der gesehenen Szene alles einfällt, aber es hilft ungemein, sich bei der Beschreibung um "Objektivität" zu bemühen. Trotzdem bleibt die beschreibende Weitergabe ein "psychischer" Vorgang.
Und ich behaupte nun in Bezug zu Inhalten von Schauungen, dass solange es nicht möglich ist, eine physische, damit "tatsächlich" objektive Kopie des Wahrgenommenen anzufertigen und einem DRITTEN 1:1 weiterzugeben, bleibt die Wahrnehmung selbst wie auch die Weitergabe ein "PSYCHISCHER" Vorgang dessen, der empfängt, und es bringt überhaupt garnichts, zwischen einem "Wahrnehmenden" und einem "Interpreten" zu trennen, wobei man sich ersteren als "objektiv" und letzteren als möglicherweise "zu subjektiv" denkt - das halte ich für ein Konstrukt der Vorstellung.
Selbst die Entsprechung dieses Modells auf der physischen Ebene macht kaum Sinn: Soll ich mir die Augen in der Rolle des "Objektiv Wahrnehmenden" denken, oder worin unterscheidet sich der auf physischer Ebene ominöse "Objektiv Wahrnehmende" vom ominösen "evtl. zu subjektiv Interpretierenden".
Wenn ich kein Kriterium habe, um bei einem Vorgang wie Schauungen zwischen einem "Wahrnehmenden" und einem "Interpreten" zu unterscheiden, dann hilft es auch nichts, mir das Kriterium herbeizuwünschen.
Es gibt Mitschnitte bei YouTube, wie sich der renommierte und ansonsten recht vernünftige Physiker David Bohm von seinem Gesprächspartner, dem verdrehten Möchtegern-Guru Jiddu Krishnamurti an die Grenzen der Verzweiflung führen lässt mit stundenlangen sich im Kreis drehenden Erörterungen über die Paradoxien, die sich aus diesem simplen Sachverhalt ergeben, dass der Wahrnehmende (einstweilen) nicht vom Interpreten zu trennen ist, nicht zu identifizieren ist. Ist halt so. Manch Alkoholiker ist froh, wenn er seine Haustür identifizieren kann. Die Ansprüche sind verschieden und das Leben ist kein Ponyhof.
Aber den Vorgang einer Schauung, eines Gesichtes nicht "psychisch" nennen zu wollen und sich zu diesem Zweck in einen "Wahrnehmenden" und einen "Interpretierenden" gespalten zu denken, das führt meiner Meinung in die Irre. Ich sehe nur den Wahrnehmenden eines "psychischen" Vorgangs, analog zu einer visuellen Wahrnehmung auf physischer Ebene mit den Augen, der gut tut, seine Interpretationen als Interpretationen zu erkennen.
Diesmal keine Links, keine Quellen, keine Zitate, keine Verweise, nur meine Meinung, weil:
"Die Staatsbibliothek auf Melmac hatte zwei Bücher, als sie abbrannte. Und eines war noch nicht mal ausgemalt."
Gruß
Ulrich