Liebe Rauhnacht, lieber schwelmi!
Konsternierend muß ich feststellen, daß ich nun schon 10 Jahre hier in die Tasten greife.
Das Forum in seiner Konstitution und der Melange an Mitwirkenden war immer großartig – sofern sie denn mitwirkten, und war mir eine geistige und intellektuelle Heimat geworden.
Ob knorrige Originale, Literaturobsessive, Sucher, Wanderer, Kamikaze-Frömmler, Esoteriker, Allgemeingelehrte, oder allgemein Ungelernte – meinem dürstenden Geist erbrach sich wohlwollend in lautem Getöse stehts ein Füllhorn des Wissens.
Als das Grundthema ad acta gelegt werden konnte, blieben interessante Leute fern, und im Grunde war alles gesagt.
Gewisse Momente dieses Abschnitts habe ich als sehr spannend und bereichernd empfunden, und insbesondere das Drumherum als überaus wohltuend empfunden, während ich mich über ausbleibende Kritik schon allmählig wunderte.
So wurde mir das erstellen von Beiträgen kreatives Ventil, daß gleichzeitig auch meinen Bedarf an Sozialkontakten befriedigt hat.
Hätte der Chat nicht am Vorabend des Verderbens, sondern an einem Freytag oder Samstag stattgefunden, hätte ich mich ein jedes Mal darauf gefreut, und hätte es als liebsame Verpflichtung wohl ausdauernd wahrgenommen.
Der Chat und mein Alltag vertrugen sich nicht sonderlich gut, und eigentlich vertrug sich gar nichts mehr gut mit meinem neuen Berufsleben, das sehr fordernd aber dafür auch sehr erschöpfend ist.
Ich habe es hemdsärmlich genommen, und habe in dem Ansinnen, mit meiner Mitwirkung das Forum etwas zu beleben, aus dem Keller anstatt von Dach geschaut.
Zwischenzeitlich habe ich auch dargelegt, daß ich gar nicht die Zeit und Kraft habe, auf hintergründige Mails zu antworten. Ich war in meinem Alltag schon erschöpft.
Mit noch etwas Grütze im Stirnchakra kann man eine Zeit lang als Motivateur alte Schunkellieder zum Besten geben, aber auch dann ist mal der Saft raus.
Aus der kreativen Bühne, die mir anvertraut wurde, habe ich nichts Gehaltvolles mehr machen können, weil meine eigene Erschöpfung im Alltag größer wurde als mein geistiges Potential.
Aufgrund der Flaute fühlte ich mich manchmal widerwillig verpflichtet, den Entertainer zu geben, obwohl mir das nicht liegt.
Im selben Maße wie die Abforderungen an meine Lebensenergie stiegen, desto weniger wirkliche Kapazität hatte ich, und wurde – oh Wunder – zu einem langweiligen Dummkopf, ohne es lange Zeit zu bemerken.
Halbherzige, launische und launige Beiträge im sozialen Kontext im Glauben an eine Erwartungshaltung sind halt nicht das, was mich einst getrieben hat.
In Ermangelung von Betrachtungsmöglichkeiten des wirklichen Geschehens auf der Welt, blieb mit oft dann viel zu oft nur der Fokus auf das Alltägliche.
Ja, ich kam mir oft genug herzlich dumm dabei vor, aber zuvor blieb ja jede Kritik aus – positiv wie negativ. Und eigentlich habe ich seit fünf Jahren nichts mehr zu sagen, als daß unsere gewohnte Welt in eine Dystopie abzudriften droht.
Das Thema Sexualität scheint hier noch viel tabubehafteter zu sein als in der Kirche, und langsam komme ich mir als Konservativer, aber mit der Zeit Schritthaltendwollender vor wie jemand, der in der Innenstadt von Paderborn heimlich Popcorn mit Salz verkauft.
Eigentlich könnte man da mit wenig Wissen viel gewinnen, aber man will es halt nicht. Ebsenso verhält es sich mit anderen tabuisierten Themen, bei denen man mit wenigen wichtigen Informationen viel an Wissen gewinnen kann.
Um Löschung meines letzten Beitrags habe ich Taurec unmittelbar gebeten.
Ich hatte schon erwartet, daß sich manche mit meiner derzeitigen Beruflichen Situation identifizieren können, und dann auch in sehr direkter Sprache verstehen können, daß Mißbrauch nicht zum Brauch werden sollte.
Auf diese Art zu arbeiten, ist Krieg im Kleinen. Wenige herrschen in Arroganz, und die Willfährigen lassen sich zu einem Kurs von 1:100 pürieren.
Meine Botschaft ist, das Boshaftigkeit die Antwort auf Boshaftigkeit sein wird, und ein nicht minderbegabter Mensch Möglichkeiten finden wird, dem Drama zu entwachsen.
Herr Fenrizwolf ist sensibel, ist müde und lamentiert die dargebotenen Umstände? Das geht doch nicht!
Ich habe gehofft, mit betont schroffer Wortwahl auch das einfachste Gemüt auf die eingebauten Fehler im Gebälk unserer Zeit zu erreichen, und habe mit scheinbar persönlichen Einblicken nicht gegeizt.
Gut, ich war schlecht. Ich bin auch sehr müde.
Der Teufel wird mich holen, und der Verfassungsschutz kommt hier jeden Tag auf ein Bier.
Es ist derweil alles etwas kafkaesk – das ist aber nicht meine Schöpfung.
Gesteht mir bitte auch Fehler unter Anstrengung ein, und bitte, sofern möglich – helft mir, wenn ich von der Klippe zu stürzen drohe!
Dem Mindesten von Allen würde ich diesen Dienst nicht verweigern.
Konsterniert aber honigsuchend,
Mit Heil und Glanz!
Fenrizwolf